DIE EU HAT BESSERE ARGUMENTE FÜR ZUSAMMENARBEIT ALS IHRE EUROS
: Frostige Party am Mittelmeer

Die ehemalige österreichische Außenministerin Benita Ferrero-Waldner gilt ja als erfahrene Diplomatin. Ihre forsche Forderung an die Mittelmeerstaaten, für die jährlich drei Milliarden Euro Hilfsgelder und Darlehen mehr politisches Wohlverhalten zu zeigen, zeugt aber von wenig Feingefühl.

Natürlich ist Ferrero-Waldners Euro-Arroganz nicht der einzige Grund, aus dem die Party zum zehnten Geburtstag des Barcelona-Prozesses – der Zusammenarbeit von EU und Mittelmeeranrainern – so frostig ausfiel. Die schwierigen Nahost-Verhandlungen trugen dazu bei, dass von zehn eingeladenen Regierungschefs der Mittelmeeranrainer acht fern blieben. Doch wenn bei einer Party einer tönt, er zahle die Zeche und bestimme daher die Spielregeln, drückt das auf die Feierlaune.

Bestechung ist ein übliches Werkzeug internationaler Beziehungen. Ein reiches Land winkt mit Euros oder Dollars, ein armes zeigt im Gegenzug politisches Wohlverhalten oder schluckt ökologische Zumutungen. Man wünscht sich, Regierungen armer Länder würden öfter Nein sagen zu solcher Erpressung. Deshalb wirkt die Erklärung des algerischen Staatsministers Belkhadem, sein Land lasse sich von der EU keine Reformen vorschreiben, sie solle ihre Euros behalten, erfrischend.

Leider verdeckt der Streit um Ehre und Euros aber einen ernsten Hintergrund. Die EU ist auf ihre Nachbarn angewiesen – und umgekehrt. In Flüchtlingsfragen und beim Kampf gegen Terror gibt es viele gemeinsame Interessen. Wenn sich die Geschäftsbeziehungen darauf beschränken, mit EU-Hilfe die Vorposten der Festung Europa in Nordafrika auszubauen, beschädigt das den Ruf aller Beteiligten. Setzen marokkanische Soldaten Flüchtlinge in der Wüste aus, fällt das nicht nur auf Marokko, sondern auch auf die EU zurück. Deshalb müssten alle Partner des Barcelona-Prozesses gemeinsam dafür sorgen, dass humanitäre Grundregeln in der Flüchtlingspolitik gelten. Ferrero-Waldner sollte also darauf verzichten, so deutlich mit dem Scheckbuch zu wedeln. Es gibt viel überzeugendere Argumente für eine Mittelmeer-Partnerschaft. DANIELA WEINGÄRTNER