Einbußen für erfahrene Sozialarbeiter: Paradoxe Gehaltserhöhung

Die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes sollen im neuen Jahr eine Entgeltstufe höher rücken. Gerade bei einigen Langgedienten könnte das nach hinten losgehen.

Nicht ausreichend gewürdigt: Familienhelferin bei der Arbeit. : Mirko Zander

Die Beschäftigten des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) werden zum 1. Januar eine Entgeltstufe höher eingruppiert. Damit sollten sie eigentlich besser bezahlt werden. Tatsächlich könnte es gerade älteren Beschäftigten passieren, dass sie demnächst weniger Geld bekommen.

Die höhere Eingruppierung solle den "gestiegenen Berufsanforderungen" gerecht werden, teilte die Sozialbehörde mit. Der ASD ist Teil der Bezirksämter. Er soll Kinder vor Gefahren schützen und Eltern bei der Erziehung beraten und unterstützen. Es sei an der Zeit, "diese umfangreiche Arbeit zu honorieren", sagt Senator Detlef Scheele.

Tatsächlich sind Arbeitsbelastung und -druck stetig gestiegen, wie die Gewerkschaft Ver.di berichtet. Die Fluktuation im ASD sei hoch. Wer könne, bewerbe sich ins Umland, wo besser bezahlt werde. Insbesondere junge, hoch motivierte Pädagogen täten dies.

Für eine bessere Bezahlung hatten die ASD-Pädagogen lange gekämpft. Doch einige schlagen jetzt Alarm: "Die sogenannte Gehaltserhöhung erweist sich als tatsächliche Gehaltskürzung", beschwert sich ein Betroffener, und schließt mit: "Danke Hamburg für diesen Arschtritt kurz vor Weihnachten."

Gerade bei älteren Beschäftigten kommt es zu der paradoxen Situation, dass sie trotz höherer Entgeltstufe demnächst weniger Geld bekommen könnten. Nach Schätzungen von Ver.di könnte das 60 bis 100 der rund 400 Beschäftigten treffen.

Der Grund ist die Tarifsystematik. Die Beschäftigten steigen zwar eine Entgeltgruppe höher, einige sinken dafür aber eine Erfahrungsstufe tiefer. Die Konsequenz ist, dass ihr Bruttogehalt nur geringfügig mehr wird. Da die Einteilung in eine höhere Gruppe aber zur Folge hat, dass eine bisher gezahlte Vergütungsgruppenzulage wegfällt, ergibt sich unterm Strich ein Minus.

Das Problem haben auch die Bezirksämter erkannt. Die Betroffenen können noch bis zum 16. Januar eine übertarifliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen und dem neuen Entgelt beantragen.

Das soll sie zumindest nicht schlechter stellen - doch die Sache hat einen Haken: Zukünftige Tariferhöhungen werden mit dieser Zulage verrechnet. Und die nächste steht mit 1,9 Prozent am 1. Januar ins Haus. Mit der alten Entgeltregelung hätten einige ASDler nach der Tariferhöhung mehr Geld bekommen, als sie es nun mit neuer Regelung erwarten können.

Das treffe gerade die Mitarbeiter, die man brauche: die alten, erfahrenen, kritisiert Christiane Blömeke von der GAL-Fraktion. "Da muss dringend nachgebessert werden", fordert sie.

Ver.di hat den Arbeitskampf der Beschäftigten des ASD begleitet, und die Höhergruppierung als "Riesenerfolg" gefeiert. "Wir werden alles versuchen, damit diese Benachteiligung nicht entsteht", versichert Fachbereichsleiterin Sieglinde Frieß. Im neuen Jahr soll mit der Sozialbehörde und dem verhandlungsführenden Bezirk Wandsbek gesprochen werden. Ver.di fordert, dass alle Beschäftigten in ihrer bisherigen Erfahrungsstufe bleiben. Ver.di rät, dieses bei dem jeweiligen Arbeitgeber schriftlich einzufordern und hat dafür einen Musterbrief verfasst.

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