Kolumne Gerüchte: Krakeleien als Geschenk

Sie wissen nicht, wie sie zu Weihnachten drohen sollen? Ganz einfach: mit dem Krawattenabo.

Was Praktisches, das ist schon gut. Kein Gutschein. Gutscheine zu Weihnachten bringens nicht. Da macht man sich was vor.

Das war schon in meiner Kindheit so: Mehrfach schenkte ich meiner Mutter zu Weihnachten Gutscheine für "6mal Geschirrabtrocknen ohne Maulen" (das waren die 60er Jahre, wir hatten keine Geschirrspülmaschine). Auf die Gutscheine malte ich sorgfältig karierte Geschirrhandtücher und Teller. Meine Mutter fand die Zeichnungen süß und bewahrte die Krakeleien zur Erinnerung auf. Abtrocknen ohne Maulen schaffte ich trotzdem nie.

Solche Zeichnungen habe ich heute auch. Bei mir zu Hause lagert ein Gutschein für einen Besuch des "Ring" in Bayreuth, er enthält noch einen Anhang: "Inklusive eines Abendkleides, passend für den ,Ring'." Das Abendkleid hat Christoph eigenhändig draufgemalt, wirklich hübsch, sogar passende Plateauschuhe hat er mir auf der Zeichnung verpasst. In Bayreuth, auf dem Grünen Hügel, war ich aber noch nicht. Vielleicht später mal.

Ich schenkte Christoph auch vor zwei Jahren einen Gutschein, für einen Tag "Harley Davidson fahren", auf diesen Modellen, wo man hinter einem hohen Lenker drinsitzt wie bei "Easy Rider". Dieser Gutschein einer Motorradvermietung gehörte gewissermaßen zur gehobenen Kategorie, denn dieser Gutschein war bezahlt. Christoph hat ihn trotzdem nicht eingelöst. Vielleicht lag es daran, dass ein Wirtschaftsblatt kurz darauf einen Artikel publizierte über ein Imageproblem von Harley Davidson. Weil man mit dem schweren Motorrad nicht mehr Jugendlichkeit und Kühnheit assoziiert, sondern nur noch die Vitalillusionen alter dicker Männer.

Dabei wollte ich Christoph nur eine Freude machen, weil ich das Problem des Wellnessgutscheins aus seiner Firma noch gut in Erinnerung hatte. Eine Mitarbeiterin hatte ihm einen "Verwöhntag" in einem Ayurvedacenter geschenkt, mit stressreduzierender Ölmassage und Ernährungstipps. Auch dieser Gutschein war bereits bezahlt und Christoph hatte einige Mühe, die Verpflichtung zur Wellness mit einer passenden Ausrede weiterzureichen.

Bezahlte Gutscheine wieder in Geld zurückzutauschen ist so gut wie unmöglich, die Anbieter wissen, warum. Das betrifft erst recht die "Erlebnisgutscheine". Ich habe auch mal überlegt, ob ich Christoph und mir eine Übernachtung im stillgelegten Knast, einen Baggerfahrkurs in Brandenburg oder eine eintägige Unterweisung im Wildnishüttenbau schenken soll. Aber was würde ich tun, wenn Christoph die Übernachtung im Knast wegen klaustrophobischer Gefühle ablehnte? Würde ich den Gutschein dann gegen eine Ballonfahrt tauschen, trotz meiner Flugangst? Ist alles zu kompliziert.

Wie ich schon sagte: Gutscheine sind Mist. Ich werde daher das Socken-Abo verlängern. Alle drei Monate kommen drei Paar der immergleichen schwarzen Socken im immergleichen neutralen Karton zu Christoph. Christoph murmelte neulich zwar was von "Socken-Stau". Aber wenn Christoph mosern sollte, drohe ich ihm einfach mit einem "Krawattenabo". Jeden Monat eine "topmodische Krawatte" frei Haus, im immergleichen Karton. Da sind Socken schon neutraler. Nehmen kaum Platz weg und verpflichten zu nichts. Also, mehr kann man an Weihnachten nicht erwarten.

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Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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