Kandidat II: Stephan Weil

Stallgeruch: Weil, 52, war in Hannover Juso-Chef und ist fast zwei Drittel seines Lebens SPD-Mitglied, stammt aber aus bürgerlichen Verhältnissen, hat das traditionsreiche Kaiser-Wilhelm-Gymnasium absolviert, und nach dem Zivildienst Jura studiert.

Erfahrung: In der SPD-Hochburg Hannover, wo seit 1986 Rot-Grün regiert, war Weil bis 2006 Stadtkämmerer. Seither ist er Oberbürgermeister. Die vier Prozentpunkte, die seine SPD dort bei der Kommunalwahl im September verloren hat, sind parteiintern kein Thema.

Positionen: Bei konkreten Versprechen will Weil "den Mund nicht zu voll nehmen". So lehnt er Studiengebühren zwar ab, legt sich aber nicht auf deren Abschaffung fest.

Fallhöhe: Unterliegt Weil am Sonntag, fällt er weich: Er kann in Hannovers Rathaus zurückkehren. Wird er Spitzenkandidat, würde er bei einer Wahlniederlage 2013 allerdings auch Oppositionsführer werden.

Seilschaften: Weil ist der Kandidat der Bundespartei-Führung, für ihn werben Oberbürgermeister, Landräte und Partei-Promis wie Ex-Verteidigungsminister Peter Struck oder Hubertus Heil. Und Sigmar Gabriel will zwar nix sagen, aber …

Basisnähe: In Hannover kann sich Weil auf den Rückhalt der SPD-Mitglieder verlassen. Im ländlichen Raum weniger: Aus seinem Umfeld war lange zu hören, er wolle sich einer Urwahl nicht stellen und trete nur an, wenn er einziger Anwärter ist. Mittlerweile rühmt er das Verfahren und behauptet, er sei schon im Vorfeld "derjenige gewesen, der gesagt hat, lasst doch die Mitglieder entscheiden".

Fairness-Faktor: "Wenn ich etwas Positives über Olaf sage, wird es mir als besonders hinterlistig ausgelegt", beschwert sich Weil. Dummerweise klingen seine Lobreden auf den Konkurrenten immer so zweideutig. So nannte Weil Lies auf den Regionalkonferenzen ein "unbestreitbar großes politisches Talent" - um im selben Atemzug auf seine jahrzehntelange Parteimitgliedschaft und die Vielzahl der Menschen, die ihn zur Spitzenkandidatur-Bewerbung ermutigt haben, hinzuweisen.

Typ und Auftritt: Dröger Technokrat, das hört Weil nicht gerne über sich. "Macher scheint mir näher zu sein", findet er. Er gibt sich bodenständig, sachlich und zünftig, zeigt durchaus Sinn für Ironie. Die Massen elektrisiert er weniger, ihn umweht ein Hauch von Provinz und klassischem Funktionär. Seinen Höhepunkt fand das bei einer SPD-Regionalkonferenz in Lüneburg, als sich Weil in Bundespolitik versuchte und auf die "Bonner Regierung" schimpfte.

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