Skandal um staatliche Spitzelsoftware: Bund will Trojaner selbst schreiben

Sogar Unionspolitiker fordern eine unabhängige Kontrollinstanz für Staatstrojaner. CSU-Unionspolitiker Uhl strebt an, dass Experten der Regierung die Spitzelsoftware künftig selbst entwickeln.

Ob Bundesbeamten so etwas schreiben können? Bild: dpa

BERLIN dapd/taz | In der Affäre um staatliche Spitzelsoftware zur Computerüberwachung wird immer häufiger eine Einsatzkontrolle durch eine Bundeseinrichtung gefordert.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, forderte ein Kompetenz-Zentrum der Bundesregierung. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann strebt dagegen die Einschaltung einer unabhängigen Kontrollbehörde für den Einsatz von Staatstrojanern an. Mit diesem Thema befassen sich am Donnerstag die Innenminister von Bund und Ländern in einer Telefonschaltkonferenz.

Vor zehn Tagen hatte der Chaos Computer Club eine Analyse von gravierenden Mängeln am sogenannten Staatstrojaner veröffentlicht. Demzufolge kann der Trojaner mit verfassungswidrigen Möglichkeiten ausgestattet werden und sogar von Dritten gehackt werden. Bundes- und Landesbehörden erklärten zunächste, keine eigenen Experten zur Prüfung der Software zu haben, zogen diese Aussage später aber zurück.

"Der Bund wird die Software künftig selbst entwickeln", kündigte Uhl im Vorfeld der Konferenz an. Der Bund benötige ein Kompetenz-Zentrum zur Erforschung und Entwicklung solcher Software sowie ein Service-Zentrum, in dem er allen Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder gegen Bezahlung Programme für hoheitliche Zwecke anbieten könne, sagte der CSU-Politiker der Mitteldeutschen Zeitung. Darauf werde man nun hinarbeiten.

Unabhängige Behörde gefordert

Innenminister Schünemann sagte: "Wenn es die Transparenz beziehungsweise das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärkt, ist zu überlegen, ob die entsprechende Software künftig einheitlich zertifiziert werden sollte", erläuterte der CDU-Politiker in der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe). Er schlägt dafür eine fachlich geeignete Bundesbehörde oder wissenschaftlich-technische Einrichtung vor.

Der Sprecher der Unions-Innenminister nannte zwar keine Behörde namentlich, aber in Betracht kommt dafür laut Zeitung beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit Sitz in Bonn.

Eine unabhängige Kontrollinstanz für den Einsatz von staatlicher Spionagesoftware hält auch die Opposition für sinnvoll. Die Software sollte wegen ihrer weitreichenden Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte von einer unabhängigen Stelle zertifiziert werden, damit sie rechtsstaatlichen Standards genügten, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) der in Düsseldorf erscheinenden Westdeutschen Zeitung.

Eine Zertifizierung sei besser, als sich bei der Anschaffung von Spähprogrammen allein auf Privatfirmen zu verlassen, findet der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz. "Aber erst einmal gilt es zu klären, ob die hohen Hürden des Grundgesetzes für einen solchen Eingriff überhaupt technisch umsetzbar sind", sagte Notz der Zeitung Die Welt.

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