Chinesischer Blogger Michael Anti: "Ich möchte ein Kämpfer sein"

Wer in China die Regierung direkt kritisiert, wird zensiert, sagt Blogger Michael Anti. Er hat Umwege gefunden, über die er es dennoch schafft. Westerwelle ist einer davon.

Der chinesische Blogger Michael Anti kritisiert die Regierung seines Landes über Bande. Bild: dapd

BERLIN taz | Keiner aus der chinesischen Führung habe ihn bisher aufgesucht, sagt Michael Anti. Obwohl er sich in China für Medienfreiheit und Transparenz einsetze. Denn der Blogger hat sich Schulpflöcher gesucht. In der breiten Internetöffentlichkeit kritisieren könne man die chinesische Regierung nur über Umwege. In seinen Beiträgen geht Anti nicht explizit auf die chinesische Führung ein. "Das wäre unzensiert nicht möglich", sagt er im sonntaz-Gespräch. Stattdessen verurteilt er etwa die Libyenpolitik Westerwelles - und kritisiert so indirekt auch die chinesische Politik, die die gleiche Linie vertreten hatte.

Mit 15 Jahren wetterte Michael Anti, der mit richtigem Namen Zhao Jing heißt, noch gegen die Demokratiebewegung in China. 1998 hatte Anti das erste Mal Zugang zum Internet. "Das hat mich neugierig gemacht - und kritisch", sagt er. Heute zählt Anti mit mehr als 60.000 Lesern bei verschiedenen Kurznachrichtendiensten zu Chinas meist gelesenen Bloggern.

Kurznachrichtendienste sind in China viel weiter verbreitet als im Westen - fast jeder zweite Internetnutzer ist bei einem solchen Dienst registriert. Mit Nachrichten, die Texte von bis zu 140 Zeichen erlauben, kann man auf Deutsch oder Englisch etwa einen Satz schreiben. "Mit 140 chinesischen Schriftzeichen aber lässt sich fast schon eine ganze Geschichte erzählen", sagt Anti. Und weil Mainstream-Medien in China viele Themen verschweigen, würden viele Chinesen diese Dienste als Alternative nutzen. So würden die Kurznachrichtendienste auch langsam die Berichterstattung in China verändern.

Blogger wie er trugen in der arabischen Welt dazu bei, dass Massen auf die Straßen gingen. Jedoch: "Politischer Wandel wird in China nicht über das Internet stattfinden", sagt Michael Anti im sonntaz-Gespräch. Denn die Situation sei in China eine völlig andere: "Kurznachrichtendienste wie Twitter spielten in den arabischen Welt nur deshalb eine so einflussreiche Rolle, weil die Server in den USA stehen", sagt Anti. Die Server des erfolgreichsten Anbieters in China aber stünden im Land selbst - so könnte die chinesische Regierung sie jederzeit abschalten. "Deswegen sind die chinesischen Betreiber sehr bereitwillig, mit den Behörden zu kooperieren", sagt Michael Anti.

Welche anderen Tricks Michael Anti benutzt, die chinesische Zensur zu umgehen, warum er das Pseudonym gewählt hat und warum er sich verraten fühlte, als der amerikanische Software-Riese Microsoft 2005 seinen Blog schloss, erzählt er im kompletten sonntaz-Gespräch in der aktuellen sonntaz. Sonnabend bis Montag am Kiosk oder in ihrem Briefkasten.

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