Korruptionskandal in Frankreich: Polizei-oder Drogenboss?

Der Vizechef der Lyoner Kriminalpolizei wurde wegen des Verdachts auf Korruption, Drogenhandels und Geldwäsche in Gewahrsam genommen.

Frankreichs Innenminister Claude Guéant spricht vom "großen Schmerz für die Polizei". Bild: reuters

PARIS taz | Die Nachricht von der Festnahme des Vizechefs der Lyoner Kriminalpolizei und mehrerer seiner Mitarbeiter hat in Frankreichs Polizei- und Justizkreisen wie eine Bombe eingeschlagen. Der telegene Michel Neyret trat mehrfach als Musterpolizist "Superflic" in Fernsehsendungen auf. Von ihm und seinen oft spektakulären Fahndungserfolgen ließ sich kürzlich auch der mit ihm befreundete französische Filmregisseur und Ex-Polizist Olivier Marchal bei den Dreharbeiten zum Film über die berüchtigte Bande "Les Lyonnais" inspirieren.

Jetzt aber sitzt Neyret selber in Polizeigewahrsam. Er wurde am Donnerstag mit seiner Gattin wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit, Beteiligung am internationalen Drogenhandel und Geldwäsche festgenommen. Mehrere seiner Mitarbeiter in Lyon und Grenoble sowie ein Bekannter aus Cannes wurden ebenfalls zum Verhör abgeführt. In französischen Medien wird bereits spekuliert, dass noch weitere Festnahmen, inklusive unter Richtern, folgen könnten.

Für Neyrets Polizeikollegen, aber auch mehrere befragte Anwälte oder Bekannte in Lyon, ist dieser offenbar seit Wochen in aller Diskretion vorbereitete Schlag der Pariser Inspektion der Polizeibehörden ein enormer Schock. Innenminister Guéant erklärte am Freitag bei einem Besuch in Straßburg, dies wäre ein "großer Schmerz für die französische Polizei", sollten sich die gravierenden Verdachtsmomente als begründet erweisen.

Ein Teil der belastenden Dossiers stammen aus der Schweiz. Der Genfer Staatsanwalt Jean-Bernard Schmid hat laut der Zeitung Le Monde bestätigt, dass auf Genfer Bankkonten dubiose Transaktionen zu Gunsten von Neyret existieren sollen. Diese Informationen wurden im Rahmen einer bewilligten Amtshilfe an die französischen Untersuchungsbehörden weitergeleitet. Dies erklärt, dass neben einer mutmaßlichen Verwicklung in Drogengeschäfte mit Kokain aus Kolumbien auch wegen Geldwäsche ermittelt wird.

Ein in Cannes als möglicher Komplize festgenommener Mann soll Medienberichten zufolge Neyret an der Côte d'Azur für einen luxuriösen Lebenswandel jeweils einen Ferrari, Rolls Royce oder andere teure Autos zur Verfügung gestellt haben.

Auf Neyret wurden die Aufsichtsbehörden der Polizei aber vor allem deshalb aufmerksam, weil bestimmte französische und italienische Gangster aus dem Drogenmilieu, mit denen Neyret möglicherweise in Kontakt stand, sich unter merkwürdigen Umständen einer Verhaftung entziehen konnten. Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft gibt zu bedenken, dass die Polizei oft engen Umgang mit Informanten pflegen müsse.

Er kann nicht glauben, dass ausgerechnet Neyret der Versuchung erlegen und korrumpiert worden sei. "Michel Neyret könnte Opfer einer Manipulation sein", lautet seine Hypothese. Andere Kriminalbeamte sind in Lyon weniger überrascht: "Es gibt schwarze Schafe, über die schon seit einiger Zeit Gerüchte im Umlauf sind", zitiert Le Monde eine anonyme interne Quelle. Am Freitag wurden drei weitere Polizisten, darunter zwei Kommissare, festgenommen.

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