Video der Woche: Ein Zocker ist ein Zocker?

In einem Interview mit der BBC packt Börsenmakler Alessio Rastani über die wahren Motive seiner Zockerzunft aus. Nun kommt heraus: Er ist gar keiner von ihnen.

"Wir haben die Wall Street gerettet – wo ist unsere Dividende?" Wütender Protest gegen die Zocker in New York. Bild: reuters

So manch einer hat sich schon gefragt: Was sind das für Leute, die so skrupellos auf das Ende des Euro wetten, auf fallende Aktienkurse, auf Nahrungsmittel - ja auf den Niedergang ganzer Länder? Und auch wenn man ein vages Bild vor Augen hat von den smarten Männern in adrettem Anzug, seidener Krawatte und mit gegeltem Haar - ­ häufig zu sehen sind sie auf den Fernsehbildschirmen derzeit nicht. Um der Volkswut zu entgehen, machen sie sich in der Öffentlichkeit offensichtlich rar.

Die angesehene BBC hat es aber geschafft. Dem britischen Fernsehsender ist es gelungen, einen dieser feschen jungen Börsenhändler von der Londoner City vor die Kamera zu locken: Alessio Rastani, untertitelt mit der Berufsbezeichnung "Unabhängiger Händler", vorgestellt als Börsenmarkler und Finanzmarktexperte. Und er gibt sogar ehrlich zu, wofür er steht und was er macht: nämlich mit Spekulationen die Welt ruinieren.

Die Moderatorin ist nach dem Gespräch sichtlich fassungslos. Denn der junge Mann hatte so richtig vom Leder gezogen. Er und seine Kollegen seien von Furcht getrieben, auf den Börsenparketten werde schon lange nicht mehr an die Euro-Rettungsmaßnahmen der Politiker geglaubt. Seine Zunft schere sich einen Dreck um die Frage, welcher Schaden mit dem Niedergang der europäischen Gemeinschaftswährung entstehen würde. Es ginge ihnen einzig und allein um das schnelle Geld.

Und dann das: Seit drei Jahren würde er jede Nacht von einer Rezession träumen. Auch daraus ließe sich viel Geld machen. Er empfahl selbst dem kleinsten Anleger: "Retten Sie Ihr Vermögen. Zocken Sie mit." Auf das schockierte Gestammel der Moderatorin antwortet er: "Nicht die Regierungen regieren die Welt, sondern Goldman Sachs."

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Nachdem das Interview über Youtube verbreitet und bereits nach wenigen Stunden zehntausendfach aufgerufen wird, greifen auch die britischen Medien seine Äußerungen empört auf: The Independent bezeichnet Rastani als den Händler, der den Deckmantel gelüftet habe über das, was in dem Bankenviertel wirklich gedacht werde. Und auf der Internetseite vom Daily Mail heißt es, das Londoner Finanzviertel liebe das "wirtschaftliche Desaster".

Wer so kaltschnäuzig das gängige Bild eines skrupellosen Finanzhais bedient, kann nicht aus der Branche kommen, mutmaßen prompt die eingeschnappten Banker in London. Und sie hegen den Verdacht, hinter diesem jungen Mann könnten "The Yes Men" stecken, Spaßaktivisten aus New York, denen es immer wieder gelungen war, mächtige Unternehmer und Politiker auf die Schippe zu nehmen.

Doch der 34-jährige Rastani ist weder ein Banker noch ein Spaßguerillist, sondern entpuppt sich schlicht als Unternehmer einer kleinen Kommunikationsklitsche. Der Börsenhandel sei für ihn allenfalls ein Hobby. Auf die Frage der Zeitung Daily Telegraph, warum er der BBC-Anfrage eingewilligt habe, antwortet er: Er rede eben gern.

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