Betrugsvorwurf gegen Netzwerk Recherche: "Die Bundeszentrale ist nicht die Stasi"

Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche erschlich sich Gelder von der Bundeszentrale für politische Bildung. Nun diskutiert die Zentrale über strengere Kontrollen.

Ex-Netzwerk-Recherche-Chef Thomas Leif auf der Jahrestagung der Journalistenvereinigung in Hamburg im Juli 2011. Bild: dpa

Im Streit mit Netzwerk Recherche will die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) nun diskutieren, ob die Prüfmechanismen für die Fördergelder verschärft werden müssen. Die Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche" hatte sich unter der Leitung von SWR-Chefreporter Thomas Leif systematisch ärmer gerechnet, um an Fördergelder der bpb zu kommen. Bis zu 75.000 Euro habe die Journalistenvereinigung auf diese Weise erschlichen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Wirtschaftsprüferbericht, den Netzwerk Recherche selbst in Auftrag gegeben hat.

Derweil stellt sich die Frage, ob die Bundeszentrale die Vergabe der Fördergelder nicht ausreichend überprüft hat. Gegenwärtig fördert die Zentrale rund 3.000 Veranstaltungen der politischen Bildung in Höhe von insgesamt sieben Millionen Euro. Das Geld geht an 421 anerkannte Träger, dazu kommen 111 weitere Vereine, zu denen auch Netzwerk Recherche gehört. Im "Zuwendungsservice" sind insgesamt zwölf Mitarbeiter angestellt. Die Jahreskonferenz des Netzwerks Recherche, für die die bpb jeweils rund 20.000 Euro ausgab, gehörte also zu den größeren Veranstaltungen.

"Wir können die Bilanzen der einzelnen Vereine im Detail nur stichprobenartig vor Ort überprüfen", sagte der bpb-Sprecher Daniel Kraft. "Wir diskutieren in Moment, wie der Missbrauch in Zukunft verhindert werden könnte, es gilt aber unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand zu verhindern, der kleinen Trägerstrukturen nicht zuzumuten ist."

Im Fall von Netzwerk Recherche wäre es für die Bundeszentrale jedenfalls nicht unmöglich gewesen, den mutmaßlichen Betrug aufzudecken. Die Bundeszentrale zahlte dem Netzwerk Recherche von 2007 bis 2010 jeweils rund 20.000 Euro für die Vereinsverluste, die durch die Jahreskonferenzen anfielen. Laut dem Bericht wurden falsche Abrechnungen eingereicht, um an die Fördergelder zu kommen.

Beschwerde über "Übereifer"

Demnach wurden auch Publikationskosten in Höhe von insgesamt 43.000 Euro falsch ausgewiesen. Bei den "Werkstatt"-Berichten des Netzwerks Recherche, die das journalistische Handwerk vermitteln sollen, handelt es sich laut Wirtschaftsprüferbericht um von der Jahreskonferenz unabhängige Publikationen. Dennoch wurden die Publikationen 2010 bei den Ausgaben für die Jahreskonferenz aufgeführt. Kostenpunkt: Knapp 19.000 Euro. Der Bundeszentrale hätten dafür Belege vorgelegen, so der Wirtschaftsprüferbericht. Die Ausgaben seien so künstlich in die Höhe getrieben worden.

Die Bundeszentrale hätte bemerken können, dass die Hefte nicht für die Jahreskonferenzen publiziert worden waren, wenn sie sich diese genauer angesehen hätte. Kraft weißt die Vorwürfe zurück: Wer einen Antrag einreiche, habe ehrlich zu sein. "Die Bundeszentrale ist nicht die Stasi", so Kraft.

Die Bundeszentrale habe mehrfach fehlende Unterlagen angefordert. "In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen um den Abrechnungsprozess", sagte der BpB-Sprecher. Thomas Leif habe sich sogar 2007 über den "Übereifer" der Kontrolleure beschwert.

Die Fördergelder der Bundeszentrale hat das Netzwerk mittlerweile komplett zurückgezahlt. Es könnte aber sein, dass der Verein 20.000 Euro für das Jahr 2007 wieder zurückbekommen wird. Laut dem Wirtschaftprüferbericht hatte Bundeszentrale damals auf eine detaillierte Prüfung aus "zeitökonomischen Gründen" verzichtet, daher stehe dem Verein das Geld zu. Die bpb streitet das ab. "2007 wurden sehr wohl die bei uns eingereichten und nachgeforderten Verwendungsnachweise vertieft geprüft", sagte der Sprecher. Sollte sich herausstellen, dass die Einnahmen des Vereins wie in den Jahren 2008 bis 2010 falsch ausgewiesen wurden, so der bpb-Sprecher, würde Netzwerk Recherche den Anspruch auf die Fördergelder für das Jahr 2007 verlieren.

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