Debatte um Daseinsfürsorge: Kampf um die Netze

SPD und Grüne wollen die Gas-, Strom- und Wassernetze zurückkaufen. Ob damit Gewinne gemacht werden könnten, soll nun geprüft werden

Sind Gasleitungen nun lohnende Investitionen oder nicht? Bild: dpa

Die Gas-, Strom- und Wasserleitungen der Stadt sind ein wichtiger Bereich der "Daseinsfürsorge". Also eine staatliche Aufgabe, weswegen die Netze, wenns geht, wieder der öffentliche Hand gehören sollten - sagen SPD, Grüne und Linke. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass der Staat die Leitungen besser managen könne als die SWB, zumal Bremen gar kein Geld für einen Rückkauf habe - lautet das Gegenargument. Dieser Streit wird seit Monaten geführt. Derzeit ist er wieder aktuell, weil der Senat in einer Ausschreibung nach fachlichen Beratern sucht.

Das Thema ist in vielen deutschen Kommunen virulent, rund 150 kleinere Städte haben die Rekommunalisierung ihrer Versorgungsnetze beschlossen oder schon vollzogen, darunter Hameln und Stuttgart. Das "Pendel" sei in den 90er Jahren "zu stark in Richtung Privatisierung ausgeschlagen", sagt der SPD-Landeschef Andreas Bovenschulte. Deswegen will die SPD prüfen, ob eine Rekommunalisierung auch finanziell Sinn machen könnte.

Immerhin erlaubt die Bundesnetzagentur eine Kapitalrendite von acht Prozent, der Kommunalkredit liegt derzeit bei 3,5 Prozent. Dazwischen ist viel Spielraum für Überschüsse. Die SWB weist in ihrer Bilanz 2010 für die SWB Netze ein Eigenkapital von 212 Millionen und einen Gewinn von 35,8 Millionen Euro aus. Unbekannt ist, wie viel die Netze denn wert sind - bei der Privatisierung wurde der gesamte Strom-Bereich mit den Netzen zusammen verkauft, ohne die Einzelwerte zu differenzieren. Es kann also gut sein, dass die Stadt bei einer Rekommunalisierung neben dem Einfluss, den sie bekommen würde, auch Geld verdienen könnte - in zweistelliger Millionenhöhe. Da in Bremen die Verkehrsbetriebe Verluste machen, waren die bis zum Verkauf der Stadtwerke mit diesen in einer Holding zusammen - die Gewinne wurden mit den Verlusten verrechnet, waren also weitgehend steuerfrei.

Bovenschulte drängt seit dem vergangenen Jahr darauf, dass das Thema "geprüft" wird, denn die Konzessionsverträge für Bremerhaven und Bremen laufen 2014 und 2015 aus und müssten dann für 20 Jahre neu ausgeschrieben werden. Andreas Fröstl, der Geschäftsführer der SWB Netze, machte schon vor Monaten deutlich, dass er "großes Interesse" hat, die Konzession wieder zu bekommen. Denkbar wäre auch, dass Bremen als "Investor" die Netze kauft und den Betrieb der SWB überträgt. Auf jeden Fall, so Fröstl, sei die SWB an einer "einvernehmlichen Lösung" interessiert.

Auch Bovenschulte sprach damals von einer anzustrebenden Win-win-Situation. Wenn am Ende die Risiken einer Rekommunalisierung als zu groß eingeschätzt werden, könnte die Debatte darum doch als Trumpf dienen für die Verhandlungen. "Wir müssen versuchen, möglichst viel herauszuholen", sagt der neue, für Energiepolitik zuständige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Arno Gottschalk. Er arbeitet beruflich bei der Verbraucherzentrale, die sich klar für die Kommunalisierung positioniert hat. Er wolle, sagte er der taz, demnächst einmal einige der Kommunen besuchen, die die Rekommunalisierung der Netze vollzogen haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.