Notstand in den Bürgerämtern: Zu viele Bürger im Bürgeramt

Die Bezirksbürgerämter stöhnen über Besucherandrang, Zu viele neue Aufgaben - und zu wenig Personal. Mehr Stellen gibt es aber nicht.

Immer mehr Aufgaben bei immer weniger Personal lassen die Menschenschlangen vor den Bürgerämtern anwachsen. Wer vor dem Urlaub noch schnell einen Reisepass braucht, hat ein Problem. Ein bis fünf Stunden vor Ende der Öffnungszeiten wird in vielen Bürgerämtern die Ausgabe von Wartemarken gestoppt. Wer einen festen Termin beim Amt vereinbaren will, muss im Durchschnitt zwei bis drei Wochen warten.

Das führt schon mal zu ganz schlechter Laune: "Im Bürgeramt Mitte mussten wir die Polizei rufen, weil zwei Leute beim Drängeln aneinandergeraten sind", erzählt der grüne Bezirksstadtrat für Bürgerdienste, Stephan von Dassel (Grüne). Der Frust der Leute entlade sich oft an den Mitarbeitern. Diese würden beschimpft, obwohl sie schon Überstunden machten. "Meine Mitarbeiter gehen oft erst um kurz vor acht, obwohl wir eigentlich um sechs Uhr schließen", so von Dassel.

Auch Mechthild Bloch, Leiterin des Amts für Bürgerdienste in Charlottenburg-Wilmersdorf, klagt: "Uns fehlt einfach Personal durch die jahrelangen Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst." In Spandau arbeiten die Bürgerämter derzeit sogar nur mit halber Besetzung. "Urlaub, Krankenstand und auch die bevorstehende Wahl im September" nennt die dortige Stadträtin für Bürgerdienste, Daniela Kleineidam (SPD), als Gründe für den Engpass.

Für viele Bezirksstadträte war der Engpass vor allem wegen der längeren Bearbeitungszeiten für die neuen Reisepässe und Personalausweise vorherzusehen. "Aber dass jetzt jeden Tag 300 Leute vor dem Bürgeramt stehen, hätte niemand so vorhersagen können", sagt von Dassel. Er fordert eine schnellere und flexiblere Anpassung des Personals als bisher. Ein weiterer Grund für die Überlastung der Bürgerämter ist die durch das Bildungspaket für Kinder gestiegene Nachfrage nach dem Berlinpass, den Leistungsbezieher beantragen müssen, um Unterstützung aus dem Paket in Anspruch nehmen zu können. "Auf Länderebene wird Personal abgebaut, deshalb werden uns Aufgaben wie die Ausstellung des Berlinpasses übertragen, aber mehr Personal bekommen wir dafür nicht", klagt Kleineidamm.

Zudem verschlimmern dieses Jahr auch unvorhergesehene Ereignisse den in der Urlaubszeit üblichen Engpass. Serbien etwa verlangt von Durchreisenden den Internationalen Führerschein. Diesen beantragen jetzt viele Menschen, die in die Türkei oder nach Griechenland fahren möchten. "Früher hatten wir pro Tag drei bis vier Anträge, jetzt sind es sechzig", so von Dassel. Wer trotzdem einen Reisepass oder Ähnliches braucht, dem rät er: "Früh kommen, am besten schon vor Beginn der Öffnungszeiten, und nicht dienstags oder donnerstags."

Bei der Senatsverwaltung für Finanzen sind die Klagen der Bürgerämter schon angekommen. "Die Gespräche mit den Bezirken laufen, aber wir möchten keine Pauschalzusage für neues Personal treffen", so Kathrin Bierwirth, Sprecherin von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). "Zuerst möchten wir prüfen, ob die Organisation oder Zusammenarbeit zwischen den Ämtern noch verbesserbar ist."

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