Neuseeland verliert zweites WM-Spiel: Scott und Scott retten England

Neuseelands Fußballfrauen überraschten die Engländerinnen, gingen sogar in Führung. Doch es sollte nicht reichen, obwohl der Gegner ziemlich ideenlos spielte.

Erleichtert nach dem 2. Tor für England: Jessica Clarke (re.) und Karen Carney Bild: dpa

Es ist dasselbe alte Lied: Die Außenseiterinnen spielen groß auf, aber am Ende gewinnen dann doch die Favoritinnen bei dieser Weltmeisterschaft. Diesmal war es Neuseeland, das gegen England die erste große Überraschung verpasste: Die Silver Ferns spielten gut, führten lange und gingen dann doch noch als Verliererinnen vom Platz.

Mit dem 2:1-Erfolg sicherte sich England eine gute Ausgangsposition, um am kommenden Dienstag das Viertelfinale zu erreichen. Dann genügt ein Unentschieden gegen Japan, das nach dem 4:0 gegen Mexiko vom Nachmittag bereits eine Runde weiter ist.

Neuseeland dagegen ist draußen. Danach sah es aber lange nicht aus in Dresden vor 18.500 Zuschauern. Der krasse Außenseiter begann zwar wie zu erwarten relativ defensiv gegen die vor dem Turnier als Mitfavoritinnen gehandelten Engländerinnen, und verteidigte sehr geschickt. England konnte Neuseeland zwar in die eigene Hälfte drücken und Torhüterin Jenny Bindon, mit 38 Jahren die älteste Spielerin dieses Turniers, musste mehrfach eingreifen.

Die Keeperin kam erst spät zum Fußball, begann als Basketballerin: Die Erfahrungen aus ihrem früheren Sportlerinnenleben kamen ihr nun durchaus zugute, denn die Engländerinnen kamen kaum zum Abschluss, weil es ihnen selten gelang, sich bis in den neuseeländischen Strafraum zu kombinieren. Der letzte Pass kam meist nicht an. Stattdessen operierten die Three Lionesses vorzugsweise mit Flanken und hohen Hereingaben aus dem Halbfeld, die Bindon aus der Luft pflücken konnte.

Erfolgreiche Kontertaktik

Die neuseeländische Taktik sah genau das anscheinend vor. Die Ferns versuchten zu kontern, schickten allerdings auch bei eigenem Ballbesitz stets nur wenige Spielerinnen über die Mittellinie. Entsprechend überraschend fiel die Führung mit dem allerersten Torschuss der Kiwis: Sarah Gregorius setzte sich gleich gegen zwei unentschlossene Verteidigerinnen durch und bugsierte eine flache Hereingabe von Amber Hearn über die Linie (18.Minute). Die Konter-Taktik von Neuseelands Trainer John Herdman schien aufzugehen.

Neuseeland - England 1:2 (1:0)

Neuseeland: Bindon - Riley, Smith, Erceg, Green - Hoyle - Percival (71. White), Bowen (46. Moorwood) - Hassett - Gregorius (90. Wilkinson), Hearn

England: Bardsley - Alex Scott, Faye White (86. Bradley), Stoney, Unitt - Jill Scott, Williams - Aluko (46. Carney), Smith, Yankey (65. Clarke) - Ellen White

Schiedsrichterin: Neguel (Kamerun)

Zuschauer: 19.110

Tore: 1:0 Gregorius (18.), 1:1 Jill Scott (63.), 1:2 Clarke (81.)

Der kam dann nach der Führung doch noch an den Spielfeldrand. Zuvor hatte Herdman das Spiel von der Tribüne aus betrachtet, um von dort die taktischen Ideen des Gegners besser überblicken zu können. Dort oben hatte er offensichtlich genug gesehen: Denn England wusste mit seiner visuellen Überlegenheit und dem Mehr an Ballbesitz – abgesehen von gelegentlichen Fernschüssen – weiter kaum etwas anzufangen. Neuseeland stand gut gestaffelt und spielte nach Balleroberung schnell nach vorne. Bei einem dieser Vorstöße tauchte schon wieder Gregorius allein vor Englands Torhüterin Karen Bardsley auf, aber vertändelte die Chance (38.).

Auch nach der Pause änderte sich dieses Bild kaum: England mühte sich ideenlos, Trainerin Hope Powell schüttelte am Spielfeldrand frustriert den Kopf und stellte nach dem Spiel fest: „Es war sehr schwierig, die Neuseeländerinnen haben sehr stark gespielt und wir spielen noch nicht, was wir können“. Neuseeland dagegen stand gut und setzte immer wieder seine gefährlichen Gegenstöße, doch Hearn vergab eine frühzeitige Entscheidung, als sie einen Kopfball nur knapp über die Latte setzte (47.).

Dann fiel der Ausgleich für England, eine Ko-Produktion der beiden Scotts im Team: Verteidigerin Alex Scott zirkelte eine Flanke von der rechten Außenbahn auf den Elfmeterpunkt, wo sich die nicht verwandte Jill Scott hoch schraubte und in den linken Winkel köpfte (63.). Die 1,80 Meter große Jill Scott hatte sich beim Kopfball aufgestützt, aber das hatte Therese Neguel, die Schiedsrichterin aus Kamerun, übersehen.

England agierte nun etwas selbstbewusster, aber auch Neuseeland kam weiter zu guten Chancen in einem immer offener geführten Spiel. Die Entscheidung fiel schließlich in der 80. Minute: Jessica Clarke nutzte einen konfusen Moment der bis dahin so konzentriert stehenden neuseeländischen Abwehr und einen Fehler von Torhüterin Bindon, um den Ball aus kurzer Distanz zum 2:1 unter die Latte zu nageln.

„Ich will ins Finale“, hatte Amber Hearn, die die Vorlage zum Führungstor geliefert hatte, noch vor dem Spiel selbstbewusst verkündet. Das ist nach dieser zweiten Niederlage auch rechnerisch nicht mehr möglich. Aber eine andere Aussage von Hearns ist auf jeden Fall wahr geworden: „Wir werden viele Mannschaften überraschen.“ Mitfavorit England jedenfalls brauchte viel Glück und achtzig lange Minuten, um diese Überraschung dann doch noch erfolgreich zu verarbeiten.

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