Kommentar Frauen-Fußball-WM: Es geht um Sport, worum sonst?

Die Botschaft der Fußball-WM: Die Frauen sind keine Kampfhyänen. Wir sagen: Und wenn sie es doch sind - na und? Uns sollten alle Diskurse um Genderhaftes endlich egal sein.

Das sollen wir begreifen, lesen wir von den Frauen, die zu den 16 Mannschaften gehören, welche ab sofort um den Titel der Fußballweltmeisterinnen kämpfen: dass sie ganz gewöhnliche Frauen sind. Solche, die shoppen gehen, auf Make-up stehen, körperbetonte Klamotten bevorzugen. Dass sie also das sind, was im konventionellen Rollenbuch zum Profil von Frauen steht: hübsch sein vor allem. So wird es uns in beinahe allen Medien nahegebracht, und der Deutsche Fußball-Bund war entsprechend rührig, ebendiese Botschaft zu verkaufen.

In dieser Botschaft ist zugleich auch das Andere, das blind Gehaltene: Diese Frauen sind keine Kampfhyänen, mit Muskeln protzen sie also auch nicht allzu sehr - und lesbisch, lies: männerdesinteressiert, bitte sehr, sollen sie auch nicht allzu offen sein.

Wir dagegen sagen: Und wenn sie es doch sind - na und? Denn in Wahrheit sollen uns doch endlich alle Diskurse um Weibliches, Frauliches, Männliches oder Genderhaftes einerlei sein. Die Fußball-WM beginnt - und man darf sich darauf verlassen, dass in den Teams, die sich qualifiziert haben, keine Spielerinnen sind, die nicht gewinnen wollen. Im Gegenteil: Sie leben das Prinzip Fußball. Und das heißt, aus der Perspektive welcher Frauschaft auch immer: Wir wollen gewinnen. Gegen die anderen. Die sollen verlieren. Gegen uns.

Darauf kommt es an, nur darauf. Tore, Ecken, Freistöße, Fouls, Körpereinsatz auch robuster Art, Tricks und Täuschungen nötigenfalls. Und: Kampf, jede Menge Kampf. Wie bei den Männern. Wie bei den Frauen.

Jetzt möge es ein Ende haben mit aller Politisiererei, mit aller Diskriminierung und allen Zuschreibungen - ob von links oder rechts. Sie alle sollen jetzt den besten Fußball spielen. Sie sollen begeistern, wir wollen begeistert sein. Auch sportästhetisch, vor allem aber durch Einsatz, so, als ginge es um mehr als Leben und Tod. Nämlich um den Titel.

Das wäre die beste Emanzipation, die in der Idee des Frauenfußballs steckt.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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