Kommentar Steuersenkung: Eine kleine Lieferung

Eine Steuersenkung im Konjunkturboom hat ökonomisch gesehen keinen Sinn. Aber auf das ausgedörrte Feld der Liberalen soll mal ein Regenschauer niedergehen.

Die Steuersenkung für die Mittelschicht, die Schwarz-Gelb plant, ist ein Geschenk für die Post-Westerwelle-FDP. Der Plan soll womöglich noch vor der Sommerpause hastig den Bundestag passieren, damit die FDP-Youngster bei den Wahlen im Herbst ihrem Publikum eine Lieferung präsentieren können.

Eine Steuersenkung im Konjunkturboom ist zwar ökonomisch eher sinnfrei - aber auf das ausgedörrte Feld der Liberalen soll endlich mal ein Regenschauer niedergehen. Man traut sich kaum, dies auszusprechen, so banal und offenkundig ist dieser Deal. Die interessante Frage ist, ob dieses Manöver den Liberalen etwas bringen wird.

Eher nein. Und zwar aus drei Gründen. Es scheint ausgemacht zu sein, dass es um weniger als 10 Milliarden Euro geht. Das klingt nach viel, aber wenn man mal grob taxiert, was das für einen Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern im Monat bringt, kommt man auf einen Betrag unter 10 Euro. Das entspricht einer Runde preisgünstige Tiefkühlpizza für die ganze Familie.

Außerdem wird es äußerst schwierig, Steuersenkungen am Bundesrat vorbei durchzudrücken. Die Neigung von SPD, Grünen und Linkspartei, dort zuzustimmen, ist bescheiden. Und falls die SPD-Grünen-Länder doch Ja sagen, werden sie der FDP das Copyright streitig machen. Drittens bahnt sich ein koalitionsinterner Deal an, der für die FDP übel ausgehen kann - nämlich der Tausch "weiche Haltung bei der Vorratsdatenspeicherung gegen flotte Steuersenkung".

Dafür spricht aus liberaler Sicht, dass man mit Datenschutz sowieso keine Wahl gewinnt. So ist es - doch die FDP kann mit Datenschutz sehr wohl Wahlen verlieren. Wer entscheidet sich schon für eine Partei, deren Ethos komplett in Euro umrechenbar ist? Hatten Lindner & Rösler nicht angekündigt, zur Abwechslung mal in ein anderes Horn zu tuten?

Es gibt noch eine Möglichkeit. Die Union zögert heftig, bei dieser Steuersenkung mitzuspielen. Und Finanzminister Schäuble kann ja sehr, sehr schlechte Laune verbreiten. Womöglich wird diese gewaltige Steuersenkung in den nächsten Wochen beachtlich schrumpfen, bis sie kaum noch zu erkennen ist.

Das wäre eine Art Wiederholung von 2009, als die FDP, losgelöst von jeder Wirklichkeit, von immer neuen Steuersenkungen fantasierte. Eigentlich sind Parteien lernende Organisationen, die nicht immer denselben Fehler machen. Eigentlich.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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