Poolbillard-WM auf den Phillipinen: Groundhopper mit Queue

In Asien gelten die deutschen Poolbillard-Artisten Oliver Ortmann und Ralf Souquet etwas. In Europa dagegen gibt es immer mehr Probleme, Sponsoren zu finden.

Ralf Souquet, der momentan wohl bekannteste deutsche Pool-Billard-Spieler. Bild: dpa

MANILA taz | Das Aus für Oliver Ortmann kam gegen den Schnellspieler aus Malta. Tony Drago mag ein paar Kilo zu viel auf den Rippen haben, aber wenn er heiß läuft, versenkt er die Kugeln im Stakkato. 6:9 stand es am Schluss gegen Ortmann, den dreimaligen Welt- und vierzehnfachen Europameister aus Hamburg.

Aber immerhin hatte der Billard-Profi mit dem Spitznamen "The Machine" die Runde der letzten 32 erreicht. Mit dem Preisgeld von 2.500 US-Dollars waren zumindest die Kosten für den Ausflug zur Weltmeisterschaft im 10-Ball-Poolbillard nach Manila wieder eingespielt.

Die Reisen, die deutsche Pool-Profis zu Turnieren antreten müssen, werden in den letzten Jahren immer länger. Veranstalter und Verbände in Europa haben zusehends Probleme, Sponsoren zu finden. In den USA, dem traditionell zweiten großen Markt für den Sport, sieht es weiterhin ganz gut aus. Aber mehr und mehr verlagert sich das Geschehen nach Asien. Die WM im 8-Ball fand in Fuschaira, einem der Vereinigten Arabischen Emirate statt, und die 9-Ball-WM folgt im Juni in Doha. "Auch China ist im Kommen", sagt Ortmann, "und die Philippinen sind schon lange eine Hochburg."

Tatsächlich: Beliebter als Poolbillard sind auf den Philippinen nur das alles beherrschende Basketball und natürlich Boxen mit dem Nationalhelden Manny Pacquiao, der von jeder zweiten Plakatwand lächelt und sogar ins Parlament gewählt wurde. Der 12-Millionen-Moloch Manila schwitzt zwar dieser Tage eher unter der im Mai üblichen Hitze von bis zu 40 Grad, als dass er vibriert vor Freude darüber, Gastgeber für die 10-Ball-WM spielen zu dürfen.

Aber in der gut klimatisierten Halle beobachten die Fans gespannt, wie die philippinischen Spieler abschneiden, von denen gleich vier unter den ersten sechs der aktuellen Weltrangliste notiert sind. Am Final-Sonntag mussten die Gastgeber aber den Gästen den Vortritt lassen: Mit Carlo Biado erreichte nur ein Filipino das Semifinale und verlor dort gegen den Chinesen Jianbo Fu. Der wiederum unterlag im Endspiel 8:11 Huidji See. Der Niederländer war der einzige Nichtasiate im Halbfinale, ist allerdings das Kind chinesischer Einwanderer.

Die Zeitnehmerin fütterte in der Pause ihr Kind mit Nudeln

Immerhin 60.000 Dollar trug der Sieger nach Hause, aber das Turnier vermittelte eher einen familiären Eindruck. So fütterte die Zeitnehmerin, wenn sie nicht gerade mit sanfter Stimme die letzten "ten seconds" für den nächsten Stoß ansagen musste, ihre beiden Kinder mit Nudeln. Im Fernsehen werden die Spieler jedoch zu Helden, schließlich überträgt der größte Sport-TV-Sender "Sports 5" ebenso stundenlang live wie die lokale Version von ESPN, und die WM-Sponsoren reichen von Billard-Ausstattern bis zum philippinischen Tourismus-Ministerium.

Oliver Ortmann ist, sagt er, "nicht so der Sightseeing-Typ", er bleibt aufgrund der drückenden Hitze lieber im Hotel und "konzentriert sich aufs nächste Spiel". Außerdem war er oft genug in Manila, wie er überhaupt vierzig Wochen im Jahr auf Reisen ist. Sein Einkommen komplettiert er trotzdem noch mit einem Billard-Zubehör-Vertrieb und einem -Laden im heimischen Hamburg, für den der Besitzer selbst mit seinen sportlichen Erfolgen als Werbeträger dient.

Ortmann: "Es gibt ein Problem mit der Vermittlung"

Dass in Europa das Interesse markant nachgelassen hat, erklärt Ortmann auch mit den vielen verschiedenen Disziplinen im Pool: "Da gibt es tatsächlich ein Problem mit der Vermittlung", sagt er bei einer Zigarette vor der Halle. Die Konkurrenz vom Snooker dagegen hat es geschafft, sich mit Hilfe des Fernsehens als Marke zu etablieren – auch in Deutschland, obwohl kein deutscher Weltklassespieler in Sicht ist. Pool dagegen wird nicht mehr übertragen, dabei wären einheimische Siegaspiranten ausreichend vorhanden, allen voran der aktuelle Weltranglisten-Siebte Thorsten Hohmann, der in Manila allerdings in der Vorrunde ausschied, oder Ralf Souquet, das Aushängeschild des Sports in Deutschland.

Souquets markante Glatze leuchtet auf den grellen Plakaten im World Trade Center von Manila neben der vielköpfigen Konkurrenz aus dem Gastgeberland. Der momentan wohl bekannteste deutsche Pool-Künstler, der in seiner mehr als 20-jährigen Karriere mehr als 200 Turniere gewonnen hat, war allerdings auch bereits in der Vorrunde gescheitert. "Das hat sich nicht eben gelohnt", lacht der 42-Jährige aus Eschweiler, aber die WM ist nur eine Station von vielen auf einer ausgedehnten Reise.

Umbuchen hätte das Budget überschritten

Vor drei Wochen spielte Souquet in Manila bereits die Philippine Open, flog dann zurück nach Italien zu einem Turnier in Treviso. Von dort ging es in die USA, ins texanische Frisco, und anschließend nach Peking. Nach dem frühen WM-Aus wollte er eigentlich umbuchen, aber das hätte das Budget überschritten. Also flog Souquet erst am gestrigen Montag von Manila nach Las Vegas, wo er heute schon wieder bei den US Open im 10-Ball am Tisch steht.

Der ausgedehnte Turnierkalender führt die deutschen Profis bereits seit mehr als einem Jahrzehnt nach Manila, aber die Besuche werden immer häufiger. Allein Souquet schätzt, dass er schon 15-mal in der philippinischen Hauptstadt zu Gast war. Während des Gesprächs fragen zwei jugendliche Fans höflich, ob sie sich mit dem vielfachen Europameister fotografieren dürfen. "Die Fans hier sind begeistert. Auf den Philippinen oder auch in Taiwan werde ich in der Mall sogar ohne Queue erkannt", erklärt Souquet, während er geduldig posiert, "in Deutschland erkennen mich nur Billard-Spieler."

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