Vor der Wahl in Bremen: Grüne mühelos auf Höhenflug

Am 22. Mai können die Grünen bei der Bürgerschaftswahl mit einem Rekordergebnis rechnen. Sie präsentieren sich konfliktfrei, pragmatisch und selbstsicher.

Müssen um die Wähler buhlen: FDP, SPD und CDU. Bild: dpa

BREMEN taz | Bei den Bremer Grünen herrscht Wohlgefühl. Seit vier Jahren regieren sie als Juniorpartner mit der SPD. Und bereits jetzt scheint klar, dass sie am kommenden Sonntag ein Rekordergebnis erzielen werden. Erstmals können sie sogar vor der CDU landen und zweitstärkste Kraft werden, sagen aktuelle Umfragen voraus (siehe Kasten). Dass Rot-Grün fortgesetzt wird, gilt als sicher.

Natürlich profitieren auch sie derzeit vom Fukushima-Effekt. Doch die Geschichte ihres Erfolgs im kleinsten Bundesland Deutschlands ist viel länger. Nicht nur, weil Bremen seit je eine Hochburg der Anti-AKW-Bewegung ist. Hier begann für die Grünen vor über 30 Jahren ihre bundesdeutsche Parlamentsgeschichte. Hier zogen sie 1979 in die Bürgerschaft ein, da gab es die Partei offiziell noch gar nicht. Ihre Verankerung in den großstädtischen Milieus ist heute besser als in Hamburg oder Berlin. Sowohl in den Villenvierteln als auch in den Arbeitersiedlungen sind sie angekommen. In einigen Stadtteilen haben sie bereits absolute Mehrheiten eingefahren.

Seitdem sie mitregieren, gewinnen die Grünen in dem Maße, in dem die CDU verliert. Nicht nur bei den Umfragen, sondern auch bei den Mitgliederzahlen. Nachdem diese jahrelang bei etwa 600 stagnierten, legten die Grünen in den vergangenen Monaten stark zu. Heute haben sie 720 Mitglieder in der Hansestadt. Allein seit Jahresbeginn kamen 160 neue dazu. Die Bremer CDU dagegen, die derzeit 3.100 Mitglieder hat, verliert seit Jahren kontinuierlich rund 50 Mitglieder jährlich.

Künftiges: In einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des ZDF führt die SPD mit 37 Prozent vor den Grünen, die auf 24 Prozent kommen. Erstmals würde die CDU nur auf Platz drei landen (19 Prozent). Die Linkspartei würde mit 6 Prozent erneut in der Bürgerschaft vertreten sein, die FDP mit 4 Prozent den Einzug verfehlen. Eine Fortsetzung der Koalition aus SPD und Grünen scheint damit schon jetzt als sicher. Erstmals dürfen bei der Wahl zur Bürgerschaft am 22. Mai auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben.

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Vergangenes: Seit vier Jahren regiert die SPD mit den Grünen im kleinsten Bundesland Deutschlands. Bürgermeister ist bereits seit 2005 Jens Böhrnsen (SPD). Seine Stellvertreterin ist die Grüne Karoline Linnert, die zugleich Finanzsenatorin ist.

Die Stimmung ist daher bestens. Flügelkämpfe? Fehlanzeige. Taktische Auseinandersetzungen? Keine. Kritische Nachfragen? Bleiben aus. Es herrscht Geschlossenheit. Fraktionschef Matthias Güldner spricht von "viel Disziplin", davon, "dass wir viel miteinander sprechen und sehr langfristig an Themen arbeiten". Ganz pragmatisch sagt er, Kompromisse seien die "Kunst der Politik". Nicht etwas "das Schlechte".

Dass die Grünen am 22. Mai einen neuen Stimmenrekord erzielen können, liegt auch am neuen Bremer Wahlrecht. Denn erstmals dürfen auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben. Politologen wie Joachim Behnke von der Uni Friedrichshafen sagen, die Grünen würden davon am stärksten profitieren. Ihre Fraktion spiegelt wider, wie breit die Grünen gesellschaftlich aufgestellt sind. Sie werden künftig wohl sowohl die jüngste Abgeordnete als auch den Alterspräsidenten stellen. Mit Björn Fecker sogar den Präsidenten des Landesfußballverbandes.

Eines steht bei den Grünen nicht zur Debatte: eine Koalition mit der CDU. Zwar liebäugeln ein paar CDUler damit, die Schnittmenge mit den Grünen ist aber zu klein, sosehr sich CDU-Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann um integrativeres Auftreten bemühen mag. Der grüne Wahlslogan heißt: "Wir bleiben dran." An der Macht. An der SPD. Dabei wird es bleiben, selbst wenn sie mit ihrer Spitzenkandidatin Karoline Linnert die Bürgermeisterin stellen könnten. Alles andere, sagt Güldner, wäre "kurzfristige Effekthascherei".

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