Kommentar Pläne zur EEG-Novelle: Mit viel Fingerspitzengefühl

Dass die Branche der Erneuerbaren mit der geplanten Novelle noch fremdelt, ist verständlich. Doch wenn sie weiter wachsen will, müssen sie sich langsam dem Markt öffnen.

Strom ist längst zu einem Gut mit schwankendem Zeitwert geworden. Ein Blick an den Spotmarkt der Leipziger Strombörse zeigt das jeden Tag aufs Neue. Am Donnerstag zum Beispiel ergab sich am Markt für die Zeit zwischen 3 und 4 Uhr ein Kilowattstundenpreis von 4,5 Cent; von 20 bis 21 Uhr hingegen war der Strom 6,6 Cent wert.

Gleichwohl erhalten die erneuerbaren Energien nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bislang eine konstante Einspeisvergütung rund um die Uhr - ob der Strom gerade teuer oder billig ist, ob er gerade gebraucht wird oder nicht. Dieses System war in der Vergangenheit gut und richtig, denn nur so konnten Sonne, Wind und Bioenergie zu einer ernsthaften Energieoption erwachsen.

Doch für die Zukunft muss dieses System ergänzt werden. Auch der Ökostrom muss langsam - und das ist enorm wichtig: mit Fingerspitzengefühl - an den Markt heran geführt werden. Das betrifft vor allem die Biomasse, die schließlich naturgemäß ein speicherbarer Energieträger ist.

Dass das Umweltministerium nun in diese Richtung gehen will, ist mit Nachdruck zu begrüßen. Denn es will den Wandel bewusst sachte angehen; die Pläne sind weit davon entfernt, die Erneuerbaren alsbald komplett auf Markt zu trimmen. So wird der Ökostrom auch weiterhin höhere Vergütungen bekommen als es die Marktpreise vorgeben - nur eben anders strukturiert.

Vereinfacht könnte man sagen: Es gibt nicht mehr eine fixe Vergütung von x Cent rund um die Uhr, sondern eine variable Vergütung von y Cent plus Marktpreis. Um bei den gestrigen Börsenpreisen zu bleiben: Wer um 20 Uhr einspeist, könnte dann gut zwei Cent mehr erlösen als derjenige, der Nachts um 3 Uhr Strom erzeugt. Das ist ein vernünftiger Anreiz, der auch die Entwicklung und den Einsatz von Energiespeichern forciert.

Dass die Erneuerbaren-Branche, die mit dem bisherigen System so gut gefahren ist, mit der Neuerung noch fremdelt, ist verständlich. Doch sie ist gut beraten, ihre Berührungsängste abzubauen: Wenn die erneuerbaren Energien so stark wachsen sollen, wie es nach Fukushima die überwältigende Mehrheit der Bürger im Land will, wird das nicht mehr in einem marktabgewandten Refugium möglich sein. Deswegen ist eine behutsame Marktöffnung des EEG die beste Gewähr für den Fortbestand des überaus erfolgreichen Gesetzes.

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