Verzögerung beim Kohlekraftwerk Moorburg: Kessel hin: Hoffnung beim BUND

Umweltverband fordert Kurswechsel bei Fernwärmeversorgung. Am 2. Juni startet das Bürgerbegehren zur Rekommunalisierung der Versorgungsnetze.

Platz für reichlich Brennstoff: Kohlekreislager auf der Baustelle des Steinkohlekraftwerks Moorburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Verzögerungen beim Bau des Kohlekraftwerks Moorburg geben dessen Gegnern Auftrieb. Der Umweltverband BUND verlangte am Montag, das Planverfahren für die Fernwärmeleitung aus Moorburg ("Moorburgtrasse") solle eingestellt werden. Mit den Schwierigkeiten beim Kraftwerksbau ergebe sich "die Chance zu einem grundlegenden Kurswechsel in der Fernwärmeversorgung".

Unterdessen laufen Vorbereitungen zum Volksbegehren "Unser Hamburg - unser Netz", mit dem auch das Fernwärmenetz wieder in die öffentliche Hand überführt werden soll.

Wie die taz berichtete, sind bei den 100 Meter hohen Kesseln des Steinkohlekraftwerks Moorburg rissige Schweißnähte entdeckt worden. Nach Auskunft des Betreibers Vattenfall ist unklar, ob der Schaden reparabel ist. Falls nicht, müssten die Kessel innerhalb des Kraftwerksgebäudes auseinander geschweißt und ersetzt werden.

"Wir rechnen mit einer mehrmonatigen Verzögerung", sagte Firmensprecher Stefan Kleimeier. Der erste Kessel hätte 2012 in Betrieb gehen sollen, der zweite Ende 2013.

Vattenfall liefert fast die gesamte Fernwärme in Hamburg und damit 18 Prozent aller Heizwärme.

Kunden: 438.000 Wohneinheiten, darunter auch Betriebe, deren Bedarf in Wohneinheiten umgerechnet wurde. 180.000 versorgt alleine das Heizkraftwerk Wedel, das durch Moorburg ersetzt werden soll.

Kraftwerke: Vattenfall erzeugt Fernwärme außerdem noch im Heizkraftwerk Tiefstack, in der Müllverbrennungsanlage Borsigstraße, einem Biomasseheizkraftwerk in Altona und im Heizwerk Hafencity.

Das riesige Kohlekraftwerk soll nicht nur Strom liefern, sondern auch 180.000 Standardwohnungen mit Fernwärme versorgen. In diese statistische Größe ist auch die Belieferung von Betrieben eingerechnet. "Wir gehen davon aus, dass die Verzögerung beim Bau keine Auswirkung auf die Fernwärmelieferung haben wird", sagt Kleimeier.

Ob Moorburg wie geplant Ende 2012/Anfang 2013 Fernwärme liefern könne, hänge eher vom Planfeststellungsverfahren für die Moorburgtrasse ab als von den Bauverzögerungen. In der Zwischenzeit werde das Heizkraftwerk Wedel Wärme liefern.

Darauf setzt auch der BUND: Wenn Wedel weiterlaufen könne, bestehe "ausreichend Zeit, die Fernwärmeversorgung klimafreundlicher und sozialpolitisch zielführender auszurichten". Der Verband verweist auf ein Gutachten, das der schwarz-grüne Vorgängersenat für seinen Masterplan Klimaschutz in Auftrag gegeben hatte. Ihm zufolge müsste der Senat auf die Moorburg-Fernwärme verzichten, um sein Klimaschutzziel zu erreichen.

Fernwärme aus Moorburg würde zudem Vattenfalls Versorgungsmonopol auf Jahrzehnte festschreiben, warnt der BUND. Die laut Vattenfall 200 Millionen Euro Investitionskosten und mögliche CO2-Abgaben würden auf Hausbesitzer und Mieter umgelegt.

Es sei zu befürchten, dass Vattenfall sein Monopol ausnutze. Die Preise seien an einen Index aus den Preisen verschiedener Energieträger gekoppelt, sagt dagegen Vattenfall-Sprecher Kleimeier.

Große Hoffnungen setzt der BUND auf das Volksbegehren über den Rückkauf der Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme. Vom 2. bis zum 22. Juni müssten mindestens 63.000 HamburgerInnen unterschreiben, damit es zu einem Volksentscheid kommen kann.

Die Planung für die Moorburgtrasse könne zwar unterdessen weiterlaufen, sagt der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Manfred Körner, allerdings auf Vattenfalls Risiko. Sollte der Volksentscheid erfolgreich sein, bedeute es aber das Ende der Moorburgtrasse.

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