Unangefochten Herz und Stimme

YOKO ONO FEIERT GEBURTSTAG

Im Publikum sitzen Menschen, die sonst selbst auf der Bühne stehen: Michael Stipe, Rufus Wainwright

Ob man auch wirklich zu kommen gedenke, fragen die Leute von der Pressestelle in der Volksbühne im Vorfeld des Konzerts. Sonst würden sie die Karten an die verzweifelten Kollegen einer bolivianischen Tageszeitung vergeben, die unbedingt noch Plätze ergattern wollen.

Es ist der Auftritt der Woche: Yoko Ono feiert am Sonntag ihren Geburtstag in der ausverkauften Volksbühne. 80 Jahre alt wird sie, die Musikerin, bildende Künstlerin und Aktivistin – und ja, Witwe von John Lennon, dem sie aus seiner Schaffenskrise half, um daraufhin von rockistischen Dumpfbacken als Beatles-Spalterin gedisst zu werden.

Statt der bolivianischen Reporter sitzen Menschen im Publikum, die sonst selbst auf der Bühne stehen: der ehemalige R.E.M.-Chef Michael Stipe etwa, die Geschwister Wainwright und der Beatles-Begleiter Klaus Voormann, alle in einer Reihe. Sie gucken sich erstmal Best-of-Yoko-Videos an, die vor der Show laufen: die tollsten Fluxus-Filme zum Beispiel oder das Hochzeits-Bed-in mit Lennon. Das volle Programm.

An dieser Stelle ist es durchaus noch denkbar, dass der ganze Abend nach hinten losgeht. Dass hier so viel kulturhistorischer Kontext in den Raum gepumpt wird und das Konzerterlebnis selbst verloren geht.

Bis dann Yoko Ono mit der Plastic Ono Band auf der Bühne steht: eine Anordnung wie ein mittelständischer Familienbetrieb! Vorn die respektierte Chefin, unangefochten Herz und Stimme. Im Hintergrund der Sohn, Sean Lennon, der die Geschicke der Band lenkt. Er spielt Gitarre und Bass, dirigiert die Kollegin am Schlagzeug und kommt seiner Mutter sofort zu Hilfe, wenn sie ihren Einsatz verpasst. „Dabei hat der mal in so einer schlechten Schülerband gespielt“, scherzt Ono. Die beiden schmeißen den Laden mit Witz und Heiterkeit.

Mit einer solchen Performance konfrontiert, lässt sich das Berliner Publikum gern dazu hinreißen, im Chor mit allen anwesenden Popstars „Give Peace a Chance“ zu schmettern. Konsequenterweise im Stehen und aus voller Kehle, ist ja schließlich für einen guten Zweck. Manche singen noch draußen auf der Straße weiter. JOANNA ITZEK