Berlin wird auch für die Wirtschaft immer attraktiver: Führungskräfte stehen auf Berlin

Die Stadt wird international zunehmend als Wirtschaftsstandort gesehen. Das klingt gut, könnte auf Dauer aber den Standortvorteil der Stadt gefährden

Berlin wird international zunehmend als Wirtschaftsmetropole wahrgenommen. "Die Neugier auf Berlin ist größer geworden - nicht mehr nur touristisch, sondern auch wissenschaftlich und wirtschaftlich", bilanzierte Senatssprecher Richard Meng am Montag eine Befragung von Führungskräften aus aller Welt. Marktforscher von TNS Infratest hatten dafür im Auftrag von Berlin Partner 1.510 Entscheidern vorrangig aus der Wirtschaft kontaktiert. Zwar verbinden die meisten Berlin nach wie vor spontan mit dem Mauerfall, der Wiedervereinigung und dem Brandenburger Tor, so das Ergebnis der Umfrage. Ein gutes Drittel indes denkt beim Namen der Stadt aber auch an "innovative Firmen". 63 Prozent der Manager könnte sich vorstellen, Berlin als neuen Standort für ihr Unternehmen auszuwählen.

Berlin habe im Vergleich zu einer ähnlichen Untersuchung vor vier Jahren im Image in vielen Bereichen zugelegt, sagte Michael Ehlting von TNS Infratest. Auf die Frage, ob man sich vorstellen könne, in Berlin zu leben und zu arbeiten, antworteten vor vier Jahren 32 Prozent der Befragten in London mit Ja, nun waren es 55 Prozent. In Paris stieg der Wert von 38 auf 72 Prozent. Vor allem Führungskräfte aus Schwellenländern wie Brasilien, Indien und Russland hätten die Stadt als möglichen Wirtschaftsstandort mehr im Blick als noch 2007. In Russland etwa konnte sich jede zehnte Führungskraft eine Firmengründung in Berlin vorstellen, in Dänemark auch. Für die Manager aus etablierten Märkten lägen indes Metropolen wie London und New York weiterhin deutlich vorn, so Ehlting: "Es ist noch ein Weg zu gehen."

Was für die Stadt nicht schlecht sein muss: Bei Messen werben die Wirtschaftsförderer mit den niedrigen Immobilienpreisen und den günstigen Lebenshaltungskosten in Berlin. Fraglich, ob das auch noch gelten würde, wäre die Stadt wirtschaftlich so erfolgreich wie europäische Finanzzentren. Auch der Bonus als Stadt der Kreativen, der Menschen aus aller Welt anzieht, wäre dann wohl dahin - dabei zeigt die Umfrage, dass Berlin gerade mit seinem breiten Kulturangebot punktet. Das sei eine Gratwanderung, aber noch kein drohender Konflikt, wiegelte Berlin Partner ab: Zu weit sei man von der Entwicklung anderer Städte entfernt, noch sei Wachstum das vorrangige Ziel.

Von den jüngsten Diskussionen um Touristen in Szenekiezen wollten sich die Berlinwerber ihre Bilanz ebenso wenig mau machen lassen. Zum einen habe sich die Umfrage an Wirtschaftskräfte gerichtet, nicht an Menschen aus der Tourismusbranche, sagte Meng. Zum anderen sei die Diskussion zu kleinteilig, als dass sie in Tokio oder Mumbai wahrgenommen werde.

"Die Umfrage beweist, wie wichtig es ist, dass Berlin als Metropole mit offenen Armen wahrgenommen wird", warnte der Senatssprecher gleichwohl. "Berlin ist der Ort, an dem Grenzen überwunden werden müssen." Jüngst hatten die Kreuzberger Grünen die Sorge von BürgerInnen über Belästigungen durch Touristen aufgegriffen. Bei einer Diskussion waren auch pauschalisierende, fremdenfeindliche Töne zu hören.

Berlin will in diesem Jahr seine Imagekampagnen weiterentwickeln und lädt zu "Berlin Days" in Tokio, Moskau und Warschau. Auch soll der Internetauftritt übersichtlicher werden - der Informationsbedarf nämlich wachse, so die Marktforscher. Das beweise der Facebook-Auftritt des Landes, der in kurzer Zeit mehr als eine halbe Million "Freunde" gewonnen habe.

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