Mit dem ZDF auswandern: Traditionspflege auf deutschen Kanälen

Gerne kopieren Programmmacher erfolgreiche TV-Formate. Nun sendet auch ZDFneo eine Auswandererdoku: "Große Städte, große Träume", Samstag, 20.15 Uhr.

Svea Schneider ging vor sieben Jahren für eine Tanzausbildung nach New York. Bild: zdf/phillip morant

BERLIN taz | Innovation, Kreativität, Risikobereitschaft. Wohlklingende Worthülsen, die dem Angesprochenen einen Hauch von Abenteuerlust und Verwegenheit durch den Kopf wehen lassen und die wohl auch deshalb schnell an Werbetexte großer deutscher Unternehmen denken lassen. Man denkt an schnelle Autos und reiche Vorstände, nur an eines denkt man ganz sicher nicht: das deutsche Fernsehen.

Das deutsche Fernsehen setzt lieber auf andere deutsche Kernkompetenzen. Beständigkeit, Erfahrung und Tradition. Euphemistisch betrachtet, hat sich das Fernsehen hierzulande eben der Traditionspflege verschrieben.

Tatort, Tagesschau und Thomas Gottschalk. Tradition heißt beim deutschen Fernsehen aber auch erfolgreiches Fernsehgesichter möglichst oft von einem zum anderen Kanal hin- und herzuzappen. Harald Schmidt zappt von öffentlich-rechtlich zu privat und zurück und wieder zurück. Günther Jauch hat bisher nur einmal gewechselt. Und Frank-Markus Barwasser hat kürzlich das ZDF sogar dem BR, quasi intern, weggezappt. Traditionell!

Ein anderes traditionelles Spielchen der Programmmacher ist es, ein erfolgreiches Format möglichst oft untereinander zu kopieren. Seifenopern, Gerichtssendungen, X-sucht-Y-Shows. ZDFneo, das Jugendprogramm des Zweiten, hat nun die Zeichen der Zeit erkannt und schickt jugendlich verwegen eine 15-teilige "Auswanderdoku" ins Rennen um die Einschaltquoten. Nach "Goodbye Deutschland! Die Auswanderer", "Mein neues Leben" und "Mein neues Leben -- XXL" stellt nun also auch das ZDF seine Abenteuerlust unter Beweis: "Große Städte, große Träume".

Dabei ist die Sendung wirklich gelungene Unterhaltung mit einem Anspruch, der sich vom Voyeurismus der privaten Pendants abhebt.

In der ersten Folge werden die 27-jährige Svea und der 37-jährige André Struve vorgestellt. Sie hat als Tänzerin und Choreographin schwer mit der enormen Konkurrenz in New York zu kämpfen. Er hat seinen Managerposten an den Nagel gehängt, um in Kambodscha an der Uni zu lehren und sich einer Kinderhilfsorganisation vor Ort zu widmen.

Die beiden portraitierten Auswanderer – und das macht die Sendung vor allem sehenswert – verkörpern damit genau jene Eigenschaften, die den Programmverantwortlichen im deutschen Fernsehen oft fehlen: Innovation, Kreativität und Risikobereitschaft.

"Große Städte, große Träume" am Samstag, den 19.2.2011 um 20.15 Uhr auf ZDFneo

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