Staatlich fixierte Preise in Argentinien: Bauern auf den Barrikaden

Bauern in Argentinien fühlen sich von Müllern und Exporteuren ausgebeutet - und stellen das System infrage. Hintergrund: Die staatlich fixierten Preise.

Kleine Windmühle in Entre Rios, Argentinien. Die Bauern kritisieren die großen Mühlen. Bild: Horacio Maria – Lizenz: CC-BY

Argentiniens Landwirte protestieren wieder. Seit Montag herrscht ein Verkaufsstopp von Getreide und Ölsaaten. Bis Sonntag um Mitternacht bleiben Weizen, Mais und Sojabohnen in den Silos und Lagerhallen. Der Protest entzündete sich diesmal an der staatlichen Exportpolitik für Weizen und Mais. Durch sie kam es zu einem Preisdumping durch große Mühlenbetreiber und Getreideexporteure zulasten der Produzenten, so Landwirte.

Seit 2006 dürfen die argentinischen Bauern nur den Teil ihrer Ernte auf dem Weltmarkt absetzen, der den heimischen Bedarf übersteigt. Für den Binnenmarkt ist der Preis pro Tonne festgelegt. Präsidentin Cristina Kirchner hatte das Modell von ihrem Amtsvorgänger und verstorbenen Ehemann Néstor Kirchner ohne größere Änderungen übernommen. Für die Präsidentin ist der erneute Protest der neunte Verkaufsstopp in ihrer bisher dreijährigen Amtszeit.

Mit den Ausfuhrkontingenten versucht die Regierung die Versorgung der heimischen Bevölkerung zu sichern. Zudem wird der Preis auf dem nationalen Markt von den Schwankungen auf dem Weltmarkt abgekoppelt und so rapide Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln verhindert. Beim Soja spielt das für die Argentinier keine Rolle. Sojaprodukte kommen außer als Speiseöl selten auf den Tisch.

Bei der laufenden Ernte rechnen die Weizenanbauer mit rund 14 Millionen Tonnen Ertrag. Rund sechs Millionen Tonnen werden im Land verbraucht, acht Millionen Tonnen gehen in den Export. Noch vergangene Woche hatte die Regierung mit der Freigabe von drei Millionen Tonnen Weizen aus der Vorjahresernte auf die angedrohte Protestmaßnahme reagiert. Ein weiteres Entgegenkommen der Regierung ist nicht zu erwarten. Landwirtschaftsminister Julián Domínguez verteidigte den staatlichen Einfluss auf den Getreidehandel, mit jährlich neun Milliarden Dollar Umsatz.

Der Frust der Bauern richtet sich nicht nur gegen die Regierung, sondern auch gegen die großen Mühlenbetreiber und Getreideexporteure. Nach Meinung der Landwirte sind sie die wirklichen Profiteure. Mühlenbetreiber und Exporteure unterliegen keinerlei Konkurrenz und haben den Markt unter sich aufgeteilt. Auf diese Weise zwingen sie die Produzenten, ihr Getreide zum großen Teil unter dem festgelegten Mindestpreise zu verkaufen. Nur kleinere Mengen werden zum Fixpreis aufgekauft, quasi als Feigenblatt.

Rund 400 Millionen Dollar hätten sich die Müller nach der letzten Ernte zugeschanzt, beklagen die Agrarverbände. Die Qualität des Getreides habe schon lange keinen Einfluss mehr auf den Preis. Subventionen für Brot- und Teigwarenmehl landen ausschließlich bei den Mühlenbetreibern. "Trotz des ganzen Subventionssystem ist der Preis für ein Kilo Brot in den letzten Jahren von 2,50 auf 8 Peso gestiegen", so Mario Llambías, Präsident der konservativen Confederaciones Rurales Argentinas.

Die Landwirte haben friedliche Protestwochen versprochen. Weder wird die heimische Versorgung gefährdet sein, noch sollen Landstraßen blockiert werden, wie es bei Protesten im Jahr der Fall war. Damals legten die Landwirte mit einem über 130 Tage andauernden Streik fast das gesamte Land lahm. Der jetzige Protest könnte jedoch erst der Auftakt sein. Im Oktober findet die Präsidentschaftswahl statt. Die große Mehrheit der Landwirte will das Ende der Ära Kirchner.

JÜRGEN VOGT

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.