Kommentar Hauptschüler-Prämie: Trostpflaster für Nieten

Die Prämie sendet falsche Signale: Sie ist Gift für das oft ohnehin angeknackste Selbstbewusstsein von Hauptschülern, die so stigmatisiert werden.

Es ist sicher gut gemeint, wenn Niedersachsens Metallarbeitgeber zum Doppelabi-Jahrgang Hauptschüler fördern wollen. Aber eine Prämie für die Unternehmen setzt an der falschen Stelle an: Wer würde statt eines Abiturienten einen Hauptschüler nehmen, nur weil das 5.000 Euro einbringt?

Die Prämie sendet auch falsche Signale. Das an die Metallbetriebe lautet: Wenn ihr euch mit einem Bildungsverlierer abeselt, der eigentlich nicht ausbildungsfähig ist, lindern wir die damit verbundene Belastung mit einem Trostpflaster. Implizit ist das auch eine Botschaft an die Azubis: Wer Nieten wie euch nimmt, dem muss man Geld zahlen. Gift für das oft ohnehin angeknackste Selbstbewusstsein von Hauptschülern. Sie werden mit solch einer Prämie stigmatisiert.

Dabei muss sich die Wirtschaft daran gewöhnen, Nachwuchs zu rekrutieren, dessen Bewerbungen sie bislang fast ungelesen in die Rundablage rutschen ließ. Der doppelte Abitur-Jahrgang ist die letzte Zuckung eines Ausbildungsmarktes, in dem vor allem die Unternehmen die Wahl hatten. Die folgenden Jahrgänge werden so dünn sein, dass die Personaler die Bewerbungshäuflein dreimal durchflöhen werden.

Zukunftsweisender als die Prämie scheint deshalb die Initiative von Nordmetall: Die Arbeitgeber stecken ihr Geld in die Qualifizierung jener, denen für die Ausbildung Vorkenntnisse fehlen. Gut investiert.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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