KOMMENTAR VON PAUL WRUSCH ÜBER DAS ADOPTIONSURTEIL UND DIE POLITISCHEN FOLGEN
: Die letzten Fundis

Mit ihrer homophoben Haltung ist die Union in der Gesellschaft isoliert

Sieben Jahre haben die beiden lesbischen Frauen darum kämpfen müssen, für ihre Tochter gemeinsam rechtlich Verantwortung zu tragen. Nur eine der beiden durfte das Mädchen adoptieren, ihrer Partnerin blieb die Adoption verwehrt. Dass erst das höchste deutsche Gericht diese sogenannte Sukzessivadoption für homosexuelle Paare für zulässig erklären muss, ist der Borniertheit der Politik – insbesondere der Union – zuzuschreiben.

Denn die Konservativen erkennen noch immer nicht an, dass die Welt sich gewandelt hat. Die Gesellschaft ist heute mehrheitlich für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Die Union aber sieht die Institution der Familie bedroht, weil ein paar tausend schwule und lesbische Paare Kinder adoptieren wollen. Das zeigen auch die sprachlosen und zerknirschten Reaktionen auf die erneute Klatsche aus Karlsruhe.

Mit ihrer homophoben Haltung ist die Union politisch isoliert. Alle anderen Parteien im Bundestag sind für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Genau deshalb aber werden CDU und CSU kaum nachgeben und nach dem Karlsruher Urteil etwa das gemeinsame Sorgerecht für homosexuelle Paare – was nur die logische Konsequenz aus dem Richterspruch wäre – auf den Weg bringen. Die rechtliche Unterscheidung zwischen Ehepaaren und homosexuellen Lebenspartnern ist für sie eines der letzten verbliebenen Alleinstellungsmerkmale.

Solange die Union also an der Macht ist, wird Karlsruhe die Politik weiter vor sich hertreiben und zur Gleichstellung zwingen müssen. Die nächste Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot des gemeinsamen Adoptionsrechts für Schwule und Lesben ist bereits in Vorbereitung. Und noch in diesem Jahr wird das Urteil zur steuerlichen Gleichstellung erwartet. Dass aber Gerichte die Politik zur Anerkennung der Realität zwingen müssen, ist eines demokratischen, fortschrittlichen Staats unwürdig.

Deshalb braucht es den Regierungswechsel. Für SPD und Grüne kann die Gleichstellung homosexueller Paare ein wichtiges Wahlkampfthema werden. Ein gemeinsames Projekt, das sich nach der Wahl leicht umsetzen ließe. Statt mühsam an unzähligen Paragrafen herumzuschrauben, wäre der deutlich einfachere Weg, die Institution Ehe für schwule und lesbische Paare zu öffnen. Andere Länder wie Spanien und die Niederlande haben es vorgemacht.