Atommüll: Bremen stellt sich quer

Der Stadtstaat an der Weser sträubt sich gegen Transporte von Brennelementen durch sein Gebiet. Mehr als Druck ausüben kann Bremen jedoch nicht. Es gibt keine rechtlichen Mittel, die Fahrten zu verhindern.

Vorreiter des Widerstands: Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace protestieren bei Bremen gegen Atomtransporte. Bild: dpa

Die Bremer Innenbehörde will Transporte von Atombrennstäben durch den Stadtstaat an der Weser ablehnen. Grund ist die Furcht vor Unruhen durch Atomkraftgegner, heißt es in zwei Schreiben an das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter. Es sei eine "überregionale Mobilisierung der Atomkraftszene zu erwarten", sagt Behördensprecher Rainer Gausepohl. Schließlich sei ja nach den jüngsten Atombeschlüssen der schwarz-gelben Koalition im Bund die "aktuelle Protestbewegung wieder aktiviert".

Es gäbe "die Befürchtung von schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Hafen", heißt es weiter in den Schreiben. Verschickt wurden sie vor etwa zwei Wochen aus dem Ressort von SPD-Innensenator Ulrich Mäurer, Antworten lägen noch nicht vor, sagt Gausepohl. Bremerhaven ist ein möglicher Exporthafen für die strahlenden Rückstände.

Die Ablehnung bezieht sich zum einen auf einen Transport von 951 bestrahlten Brennelementen aus dem Zwischenlager Ahaus nach Russland. Am 23. September hatte das BfS diesen Transport genehmigt, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage der taz nord. Zuvor sei "kein Hinweis auf Bedenken gegen den Transport von Seiten der Bundesländer übermittelt worden".

Die in Ahaus eingelagerten Brennelemente stammen ursprünglich aus dem früheren DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden. Sie sollen in insgesamt 18 Castor-Behältern transportiert werden. Ein Termin für den Transport steht noch nicht fest.

Zudem liegt dem Bundesamt ein Antrag vor für einen Transport von Mischoxid-Brennelementen (MOX) aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield zum niedersächsischen AKW Grohnde an der Weser. Dabei handelt es sich um den Rücktransport abgebrannter und wieder aufgearbeiteter Brennelemente, die in Grohnde wieder eingesetzt werden können. Diesen Transport, der im September 2009 am Widerstand des rot-grün regierten Bremen zumindest vorläufig gescheitert war, hat der Energiekonzern Eon nun für das erste Quartal 2011 beantragt.

"Transporte von Kernbrennstoffen werden erteilt, wenn die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen vorliegen", sagt die BfS-Sprecherin. Vor der Genehmigung würden die betroffenen Bundesländer angehört. Die Beteiligung erfolge über die vom Land Niedersachsen geleitete Kommission "Sicherung und Schutz kerntechnischer Einrichtungen". Diese soll voraussichtlich erneut Ende November tagen und möglicherweise die genauen Termine und Routen der Transporte festlegen. Einen "Ermessensspielraum" gebe es nicht, so das BfS. Wenn die atomrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, müssten die Transporte genehmigt werden.

Im September vorigen Jahres hatte Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) versichert, dass Atomtransporte durch Bremen "aus politischen und aus Sicherheitsgründen entschieden abgelehnt" würden. Bremen wolle sich "nicht zum Ausputzer der Atomlobby" machen und stattdessen jene unterstützen, "die den Atomausstieg kippen wollen". Dies hatte auch die Bürgerschaft mit einem Mehrheitsbeschluss bekräftigt.

Dennoch gehen Transporte radioaktiven Materials zuhauf durch die deutschen Seehäfen. 2009 ergab eine Anfrage der Bremer Linken, dass zwischen 2004 und 2008 bei 309 Transporten 2.700 Tonnen Atommüll durch Bremen gefahren worden waren. In Hamburg waren es 220 Transporte mit spaltbaren "Kernbrennstoffen" allein im Jahr 2009. In normalen Jahren seien es 150, wie der Senat Anfang dieses Jahres mitteilte. Dazu käme ein Vielfaches an Transporten "sonstiger radioaktiver Stoffe".

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