Österreichischer Fußball: Talente erfolgreich exportiert

15 österreichische Fußballer stehen in der Bundesliga unter Vertrag. So viele wie noch nie. Ihre Routine soll dem ÖFB-Team beim Weg zur EM 2012 helfen.

Hoffnungsträger einer kleinen Fußballnation: Marko Arnautovic. Bild: dpa

Die Piefke, wie die Deutschen in Wien nun mal heißen, sind die stärkste ausländische Kraft am österreichischen Arbeitsmarkt. Umgekehrt finden immer mehr Österreicher einen Job in der deutschen Fußball-Bundesliga. 15 "Ballesterer" stehen derzeit in den Kadern - eine Rekordmarke, nur Kroaten und Brasilianer sind öfter vertreten. Der Lohn dafür soll schon bald im Nationalteam geerntet werden.

Denn immer, wenn mehrere Kicker gleichzeitig die Alpenrepublik zu ausländischen Topvereinen verließen, hatte auch der jeweilige Teamchef eine schlagkräftige Truppe beisammen. Logisch eigentlich, denn nur mit Angestellten der österreichischen "Operetten-Liga" war und ist international kein Blumentopf zu gewinnen. Insofern wird in den Medien jede Erfolgsmeldung aus dem Land des "großen Bruders" wirksam aufbereitet. Und der an sich verhärmte Österreich-Fan träumt schon von der Teilnahme bei einer EM-Endrunde, ohne diese selbst veranstalten zu müssen.

Österreichische Glanzleistungen auf deutschem Rasen haben eher Seltenheitswert. Allrounder Willi Huberts war 1963 der erste Export und erzielte 80 Tore in 247 Spielen für die Frankfurter Eintracht. Starek, Ettmayer, Hickersberger, Jara, Pezzey und andere folgten dem Beispiel von Huberts. In den Neunzigern betrieb dann "Alpen-Maradona" Andreas Herzog Österreich-Werbung, der "Edelzangler" machte Werder Bremen als Spielmacher zum Meister und fungierte bis auf einen kurzen Bayern-Ausflug als Idol an der Weser. Zeitgleich verewigte sich Toni Polster in den Herzen der Köln-Fans, weil er auch mit seinem Schmäh treffsicher war.

Andreas Herzog, derzeit Trainer der österreichischen U21-Nationalmannschaft, sagt: "Der Vorteil aus Sicht der deutschen Vereine ist, dass es bei Österreichern keine Eingewöhnungsprobleme gibt." Klaus Allofs hat er zum Kauf seines Exschützlings Marko Arnautovic geraten. "Er ist ein Jahrhunderttalent", so Herzog, der freilich relativiert: "Das aktuelle Aufzeigen der Österreicher ist eine Momentaufnahme. Erfreulich ist aber, dass ihr Potenzial so groß ist. Jetzt müssen sie konstant gefordert werden. Auch in internationalen Bewerben. Dann profitiert das Nationalteam."

Zuletzt wurde das 4:4 in Belgien ekstatisch gefeiert und als "unösterreichische" Leistung bezeichnet. Mit sieben Punkten aus drei Spielen liegt Österreich hinter Deutschland auf Platz zwei der EM-2012-Qualifikationsgruppe. Haben die Deutschland-Legionäre die Siegermentalität ihrer Arbeitgeber bereits verinnerlicht?

Fakt ist, dass sich die Hauptbestandteile des ÖFB-Teams in der großen deutschen Fußballwelt gut bewähren. Die Innenverteidiger Sebastian Prödl und Emanuel Pogatetz zählen zum Fixinventar in Bremen und Hannover. Der Mainzer Kapitän und Linksverteidiger Christian Fuchs ist in der Kicker-Wertung derzeit gar bester Abwehrspieler und nimmt das aus der Tabellenführung resultierende Selbstvertrauen mit zum Nationalteam. Ebenfalls zu nennen sind Erwin "Jimmy" Hoffer vom 1. FCK, Stuttgart-Joker Martin Harnik und der Wahl-Duisburger Stefan Maierhofer, aktuell Zweiter der Torschützenliste in der Zweiten Liga.

Die Verletzten Ümit Korkmaz (Eintracht Frankfurt) und David Alaba (Bayern München) sind weitere Hoffnungsträger, die Österreichs komplexbeladenen Teamfußball aus der Letztlich-wird-ja-doch-nix-draus-Versenkung führen sollen. Und auch Nachschub steht schon bereit, wie Herzog bestätigt: "Raphael Holzhauser vom VfB Stuttgart war jetzt bei zwei Spielen hintereinander der beste Mann am Platz. Er ist für mich nach Marko Arnautovic das nächste große Ausnahmetalent aus Österreich. Und in Marco Djuricin von der Hertha setze ich auch große Hoffnungen."

Ein wichtiger Grund für das Durchsetzungsvermögen der zumeist preiswerten Spieler ist, dass im Hinblick auf die Heim-EM 2008 Österreich seine Jugendarbeit auf ein international akzeptables Niveau gehoben hat. Zudem suchen immer mehr Jungkicker den Weg ins Ausland. "Auch die Erfolge der Jugendnationalteams haben unseren internationalen Ruf verbessert. Trotzdem ist sich die jetzige Generation dessen bewusst, dass man sich als Österreicher erst beweisen muss", so Herzog.

Sich jetzt ein "Wunderteam reloaded" zu erhoffen, wäre aber weltfremd. Deutschland muss nicht vor den Duellen mit Österreich in der EM-Qualifikation zittern. Hierzulande orientiert man sich am zweiten Platz und tut gut daran. Teamchef Constantini tritt auf die Euphoriebremse: "Im Moment sind wir nirgends." Das könnte sich ändern, wenn Österreichs Fußball-Exporte weiterhin "explodieren".

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