Frankreichs Außenminister Kouchner: Loyal bis zum bitteren Ende

Frankreichs Außenminister Kouchner wollte, durfte aber nicht zurücktreten. Nun droht ihm doch das Aus.

"Prächtigste Beute": der französische Außenminister Kouchner mit Präsident Sarkozy. Bild: dpa

Als seine "prächtigste Beute" hatte Nicolas Sarkozy seinen Außenminister Bernard Kouchner bezeichnet, weil es ihm nach seiner Wahl 2007 gelungen war, den damals laut Umfragen populärsten unter den französischen Sozialisten für seine Regierung abzuwerben. Der "French Doctor" und Gründer von Ärzte ohne Grenzen träumte davon, Außenminister zu werden. Die Linke hatte ihm diesen Wunsch nicht erfüllt, also akzeptierte er die Offerte des Konservativen Sarkozy.

Er hätte wissen müssen, dass in Frankreich die Diplomatie ein "exklusiver Bereich" des Staatschefs ist. Doch Kouchner meinte, mit seinen guten Absichten stärker zu sein als die Hierarchie. Er musste bald einsehen, dass er nur die zweite Geige spielen durfte. Schlimmer noch: dass "in Frankreich einer permanenter Widerspruch zwischen den Menschenrechten und der Politik eines Staates besteht".

Kouchners Frustration hatte im August ein Ausmaß erreicht, dass er Präsident Nicolas Sarkozy ein schriftliches Rücktrittsgesuch überreichte. In diesem jetzt vom Magazin Nouvel Observateur enthüllten Brief beklagte sich der französische Außenminister über die "Erniedrigungen", die er sich von den diplomatischen Beratern und Mitarbeitern des Präsidenten gefallen lassen müsse. Er brachte auch seine Sorge über ein bedenkliches "Abdriften der Sicherheitspolitik" (bezüglich der Immigrationspolitik und Roma-Abschiebungen) zum Ausdruck, die das "Ende der Öffnung nach links" bedeute.

Sarkozy lehnte seinen Rücktritt ab und wies ihn an, auf die nächste Regierungsumbildung zu warten, bei der sein Abgang ohnehin geplant sein soll. Als Trostpreis hat er ihm angeblich einen Posten als Ombudsmann für Bürgerrechte in Aussicht gestellt. Kouchner schrieb, er werde darüber nachdenken.

Jetzt schlägt die Stunde der für ihn ernüchternden Bilanz. "Er konnte oder wollte sich nicht durchsetzen", kommentierte der Schriftsteller Jean-Christophe Rufin. Er hatte als von Kouchner ernannter französischer Botschafter in Senegal die Bevormundung durch die diplomatischen Berater des Staatschefs in Paris selber erlebt und hatte es vorgezogen zurückzutreten.

Kouchner scheint den offenen Bruch mit Sarkozy zu fürchten. Nachdem sein Rücktrittsschreiben publik geworden war, versicherte Kouchner in einem Kommuniqué, sein Verhältnis zu Sarkozy sei weiter von "Loyalität und Aufrichtigkeit" geprägt. Dieser letzte Akt der Unterwerfung macht seine Bilanz noch peinlicher.

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