TV-Kritik "Im Dschungel": Verläpperte Charaktere

Betriebsräte sind gut, Vorstände böse. In diesem etwas schlicht gemachten ARD-Wirtschaftskrimi sind sie nicht immer ganz so einfach voneinander zu unterscheiden.

Sehenswert, wenn der Mann links (Heino Ferch) auf die Fresse kriegt. Bild: dpa

Es gibt Filme, sind sind schon deshalb ganz erträglich, weil Heino Ferch eins auf die Fresse kriegt. Dabei ist er einem am Anfang ganz sympathisch: Schließlich ist der von ihm gespielte Henning Lohmann ein smarter Betriebsratsboss im etwas herunter gekommenen Werk der Zor AG in einer deutschen Industriestadt.

Dieses fiktive Hildenburg vereint die Tristesse des nördlichen Ruhrgebiets ganz gut mit dem müden Elan der vormals industriellen Einöden Ostdeutschlands. Die Globalisierung hat hier längst Einzug gehalten und, so raunt es in der Mittagspause, beißt bald wieder zu: Der „Kessel“, ein Teil der Zor-Werke, sorgt für Verluste, drückt den Aktienkurs und könnte nach Rumänien verkauft werden. Weil er wissen will, was an den Gerüchten dran ist, kandidiert der „Kessel“-Arbeiter Frank Sperber (Ronald Zehrfeld) für den Betriebsrat und wird prompt gewählt.

Sperber gehört zu den Guten (was man schon daran sieht, dass auch nach dem Einzug in die feudalen Betriebsratsbüros keinen Schlips trägt) und hat sich praktischerweise auch gerade mit der Zor-Managerin Marie (Ina Weiss) angefreundet. Doch je weiter Sperber in die Betriebsinterna vordringt, desto mehr schwirrt ihm der Kopf: Denn die Zor und damit Hildenburg scheinen tatsächlich am Ende zu sein, da kann auch der Vorstand nichts mehr dran drehen. Trotzdem setzten die Bosse alles daran, den Betriebsrat zu korrumpieren und auf ihre Seite zu ziehen.

Plötzlich steht ausgerechnet Sperbers Vorbild Lohmann im Verdacht, auf ganz eigene Rechnung zu arbeiten. Und auch Sperbers Image als vorletzter Aufrechter bekommt Macken, weil er häufiger in der noblen Villenwohnung von Marie als in seiner Arbeiterbutze nächtigt. Jeder ist korrumpierbar, zumindest ein bisschen – und die Moral sowieso längst über die Wupper. Oder doch nicht? Denn plötzlich beginnt sich Widerstand zu regen, und auch im Betriebsrat wird aufgeräumt.

Der Showdown findet allerdings nicht in der Heimat, sondern in einem Luxusressort in Marokko statt – soviel Parallelen zum VW-Skandal mit seinem Lustreisen war sich das Drehbuch dann doch schuldig. Und weil die ARD mit „Im Dschungel“ einen Wirtschaftskrimi dreht, kommt sie nicht ohne Leiche aus.

Dabei wäre ein genaueres Ausloten der Charaktere und ihre Spaltung in den Menschen und die Funktion, ihre eigenen Selbstzweifel und Hoffnungen, gar nicht so schwer gewesen: Zumindest bei den Figuren von Sperber und Marie ist das ganz gekonnt angelegt, verläppert dann aber im Schlichten. Wirkliche Zusammenhänge und tiefere Einblicke in globalisierte Welten und deren Gewinner und Verlierer bleiben aus. Der Film bleibt so unterkomplex und plakativ. Am Ende bäumt sich dann noch einmal die gute, alte Arbeiterwut auf, die Bosse fliehen, und der Zuschauer bleibt ratlos zurück.

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