Anti-Banken-Protest in Berlin: Räuber spielen mit Gendarmen

Bankenbesetzung, Kundgebung, Demo: Großkampftag mit Protesten gegen Sozialkürzungen und Bankenspekulation. Den Normalbürger juckt das wenig.

Die Demonstranten vor dem Roten Rathaus Bild: Reuters

Die Deutsche Bank am Wittenbergplatz hat vorsorglich die Jalousien heruntergelassen. "Aus technischen Gründen geschlossen", verrät ein Zettel. Doch die knapp 100 Aktivisten, die am Mittwochvormittag auf der anderen Straßenseite stehen, interessieren sich nicht für die Filiale. "Wer mit mir eine Bank besuchen will, folge der roten Fahne", ruft ein Mann und läuft in den U-Bahnhof. Die umstehenden Polizisten hasten hinterher.

Zwei Stationen später, Uhlandstraße, drängt der Tross wieder auf die Straße, läuft schnurstracks zur dortigen Deutschen Bank. Acht Polizisten stellen sich vor den Eingang - zu spät. Schon vorher hat sich ein Dutzend Aktivisten drinnen eingefunden. Die anderen sitzblockieren jetzt draußen. Einige halten "besetzt"-Schilder, auf einem Banner steht "enteignet".

Der Mittwoch war Berliner Großkampftag gegen Sozialkürzungen. Den Auftakt bildete die Bankbesetzung, ausgerufen von Attac, als Teil von Anti-Banken-Protesten in 70 weiteren Städten. Am Mittag dann eine Kundgebung von 200 Gewerkschaftern am Wittenbergplatz: "Das Bankenkasino zockt weiter, der Sozialstaat blutet aus." Und am Abend versammelte sich eine "Sparpakete stoppen"-Demo vor dem Roten Rathaus.

"Unsere Zukunft macht ihr krank für das Wohl der Deutschen Bank", skandieren die Bankenbesetzer in Charlottenburg. Andere spannen rot-weißes Flatterband um die Bank: "Großbanken zerschlagen, Reichtum umverteilen!" Ein Mann verteilt eine gefakte Financial Times, die jetzt Financial Crimes heißt. Darin die Forderungen: Vermögensabgaben für Reiche, Subventionsabbau für Unternehmen, eine solidarische Bürgerversicherung. "Die Banken spekulieren schon wieder, als sei nichts geschehen", ärgert sich Attac-Mitglied Pedram Shahyar. Die Finanzkrise aber müsse die Bevölkerung ausbaden. Protestler Winfried Lätsch ergänzt: "Wir brauchen keine Spekulationen und Riesenboni, sondern Geld für Bildung."

In der Bank sind die Vorhänge zugezogen. Der Filialleiter duldet die Besetzer, weigert sich aber, ein Fax an CDU-Finanzminister Schäuble zu unterschreiben. Darin heißt es: "Die Argumente der Besetzer haben uns davon überzeugt, dass es ungerecht ist, wenn die Ärmsten die Kosten für die Krise zahlen sollen, die wir Banken und die neoliberale Politik verursacht haben." Die Blockierer verteilen Pralinen.

Eine Bankkundin schimpft: "Was soll das? Die können doch nicht alles lahmlegen, die Kunden und Angestellten einsperren." Auch Passanten runzeln die Stirn - und gehen eilig weiter. Krawattenträger beobachten von Balkonen und Cafés aus das Spektakel. Nach zwei Stunden ziehen die Blockierer ab. "Wir haben gezeigt, dass sich die Bankenlobby auf schärferen Protest einstellen kann", ist Organisator Johannes Meisig zufrieden. Politikprofessor Peter Grottian, eben noch hinterm Megafon, ist da etwas kritischer. "Der Zusammenhang zwischen Finanz- und Sozialkrise ist wohl zu kompliziert, da fühlt sich der Bürger nicht zum Protest herausgefordert." Der Ärger über Sozialkürzungen sei da, aber er werde nicht auf die Straße getragen. "Ohne Mut zur Wut werden sich die Herrschenden nicht rühren", so Grottian.

Am Abend vor dem Roten Rathaus wird dagegen der "heiße Herbst" beschworen. Gut 1.000 Menschen haben sich versammelt, um gegen das geplante Sparpaket der Bundesregierung Lärm zu machen. "Das größte in der Geschichte Deutschlands", schimpft ein Redner. "Zeigen wir der Regierung, dass sie damit nicht durchkommt." Am 26. November, wenn das Sparpaket verabschiedet wird, werde man wiederkommen, verspricht Lucy Redler (Linke), und den Bundestag blockieren.

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