DIE AUFMERKSAMKEIT FÜR DIE CASTOR-TRANSPORTE LÄSST NACH
: Politik will die Routine nutzen

Erneut landet ein Castor-Transport im Zwischenlager in Gorleben. Der Aufwand ist wieder einmal enorm: 16.000 Landes- und Bundespolizisten sichern die Strecke. Vor allem die letzten Kilometer vom Bahnhof über die Straße in die Lagerhalle sind heiß umkämpft. Doch auch wenn sich die Blockierer jedes Jahr etwas Neues einfallen lassen – wie diesmal transportable Betonblocks zum Anketten –, so nutzt sich der Protest immer weiter ab. Die Medien erwarten nichts mehr von den Castor-Tagen, selbst die Hetze der Boulevardblätter gegen die brandschatzenden „Chaoten“ bleibt aus.

Nun bedeuten ein nachlassendes Medienecho und leicht fallende Zahlen von Protestierenden keineswegs, dass der Staat keine Schwierigkeiten mehr hat, die Atompolitik im Wendland durchzusetzen. Die hohen Polizistenzahlen beweisen dies ebenso wie die Forderung des niedersächsischen Innenministers, während des kommenden Jahres der Fußball-Weltmeisterschaft die Transporte auszusetzen. Doch die hohe Politik in Berlin braucht auf die finanziellen Kosten in diesem Fall keine Rücksicht zu nehmen. Solange wirklich störender Protest auf den jährlichen Castor-Transport beschränkt bleibt, wird die große Koalition ihr im Koalitionsvertrag formuliertes Ziel verfolgen: binnen dieser Legislaturperiode das deutsche Endlager für hochradioaktiven Müll festzulegen.

Bei der Kompliziertheit einer Endlagersuche kann das nur heißen: Die Atombehälter werden dort versenkt, wo schon lange erkundet wird, nämlich im Salzstock Gorleben. Das ist zwar ungerechtfertigt, weil der Salzstock laut bisherigen geologischen Erkenntnissen nicht als Endlager geeignet scheint. Aber wen interessieren schon Fakten, die sich in den kommenden zehntausenden von Jahren auswirken? Politisch haben die Wendländer und die Anti-Atom-Bewegung sich da wenig Hoffnung zu machen. Da bleiben dann nur noch die Gutachter vor den Gerichten – und auch in dieser Hinsicht ist in Deutschland nun wahrlich keine bürgerfreundliche Tradition auszumachen. Keine guten Aussichten für die Gegner der Atomlandschaft Gorleben. REINER METZGER