Wechsel bei Aufsichtsräten gefordert: Unzuverlässige Banken-Kontrolleure

Die Finanzaufsicht Bafin verlangt, mindestens zehn Aufsichtsräte bei verschiedenen Kreditinstituten abzuberufen. Der Hauptgrund sind "Interessenkonflikte".

Hier guckt Bafin-Chef Jochen Sanio noch freundlich – kann er auch anders? Bild: dpa

BERLIN taz | Bei manchen Banken sind die Aufsichtsräte so inkompetent oder unzuverlässig, dass sie ihre Posten wieder verlassen müssen. Dies verlangt die Bundesfinanzaufsicht Bafin. "Derzeit laufen zehn Abberufungsverfahren", sagte der zuständige Referatsleiter Christoph Crüwell der Financial Times Deutschland (FTD). Weitere Verfahren würden derzeit vorbereitet. Die Namen der betroffenen Banken rückt die Bafin nicht heraus. Ein Sprecher sagte am Dienstag lediglich, dass keine Großbank darunter sei.

Für die eingeleiteten Verfahren gibt es verschiedene Gründe: In einem Fall hat die Bafin den Eindruck, dass der betroffene Aufsichtsrat zu wenig vom Bankgeschäft versteht. In drei Fällen kritisiert sie Ämterhäufung: Die Aufsichtsräte hätten zu viele Mandate, als dass sie ihre Institute wirksam kontrollieren könnten.

Bei sechs Aufsichtsräten fürchtet die Bafin, dass sie unzuverlässig sein könnten, weil sie in einen "Interessenkonflikt" geraten seien. Als Beispiel nannte Referatsleiter Crüwell den Fall, dass ein Aufsichtsrat gleichzeitig Kunde seiner Bank ist - sein Kredit aber ausfallgefährdet oder bereits ausgefallen sei.

Die betroffenen Aufsichtsräte werden zunächst von der Bafin angehört. Crüwell geht allerdings davon aus, dass die meisten Kontrolleure ihren Posten von selbst räumen und ein formales Verfahren gar nicht nötig wird. "Wir rechnen damit, dass die Personen dann gegebenenfalls freiwillig zurücktreten werden", sagte er der FTD.

Bankexperte Jörg Reinbrecht von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di wundert es nicht, dass manche Aufsichtsräte nicht den Anforderungen entsprechen. "Es ist wie im richtigen Leben", sagte Reinbrecht der taz. "Aufsichtsratsmandate werden nicht nur danach vergeben, welche Qualifikation man hat - sondern auch welche Beziehungen."

Die Bafin schreibt ein Stück Bankgeschichte, denn es ist völlig neu, dass die Finanzaufsicht die Kompetenz der Aufsichtsräte kontrolliert. Bisher hat sie nur die Eignung der Vorstände überprüft. Doch im vergangenen Sommer wurde das Kreditwesengesetz novelliert und damit auch strengere Kriterien für die Aufsichtsräte formuliert.

Bis dahin hatten die Banken in die Kontrollgremien berufen können, wen immer sie für geeignet hielten. Ein Fehler, wie sich während der Finanzkrise zeigte: Viele Aufsichtsräte hatten ahnungslos riskante Spekulationsgeschäfte abgesegnet.

Insgesamt dürfte es rund 20.000 Aufsichts- und Verwaltungsräte bei den deutschen Kreditinstituten geben. Davon sind die meisten bei den etwa 1.100 Genossenschaftsbanken und rund 450 Sparkassen beschäftigt.

Inzwischen hat die Bafin "rund 3.000" Aufsichtsräte überprüft, weil sie neu berufen wurden. "Gerade bei den Sparkassen herrscht nach jeder Kommunalwahl eine gewisse Fluktuation", so ein Bafin-Sprecher zur taz.

Die neuen Aufsichtsräte müssen bei der Aufsicht ein polizeiliches Führungszeugnis einreichen und anhand ihres Lebenslaufs nachweisen, dass sie über die nötige "Sachkunde" verfügen, um eine Bank zu kontrollieren. Sollte diese Sachkunde bisher fehlen, müssen die neu bestallten Aufsichtsräte eine Fortbildung absolvieren.

Konkrete Anforderungen für die Seminare hat die Bafin nicht formuliert, aber es müsse mehr sein als "ein Wochenendkurs mit Schwerpunkt auf einem Kamingespräch".

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