Nierenspende für Ehefrau: Steinmeier nimmt Auszeit
SPD-Fraktionschef Steinmeier nimmt eine Auszeit aus der Politik. Er will seiner schwer erkrankten Ehefrau eine Niere spenden.
BERLIN taz | Frank-Walter Steinmeier wird seiner Frau Elke Büdenbender eine Niere spenden. Das hat er Montagmorgen in einer improvisierten Pressekonferenz erklärt. Ganz sachlich, wie es seine Art ist. Offenbar muss es schnell gehen. Die Krankheit von Büdenbender ist schlimmer geworden, die Wartezeit für Nieren von Toten lang, bis zu sieben Jahre. Es gibt einfach zu wenige, die Organe spenden.
Außerdem sind Transplantationen von Lebenden sicherer. Meistens, in knapp 95 Prozent der Fälle, geht alles gut. Wenn es keine Komplikation gibt, wird der SPD-Fraktionschef nach einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen. Im Oktober will er auf der Berliner Bühne zurück sein. Bis dahin wird ihn Joachim Poß vertreten, ein Finanzexperte ohne Streben nach Höherem.
Wenn Politiker krank sind, interessiert dies die Öffentlichkeit. Dieses Interesse ist oft eine zwiespältige Mischung von Stimmungen und Affekten. Politiker dürfen nicht zu krank, zu anfällig wirken. Das kann das Vertrauen untergraben, dass sie noch für höhere Aufgaben taugen. Andererseits macht Krankheit Politiker menschlicher, normaler. Politiker müssen, gerade in der Mediendemokratie, immer präsent, immer souverän erscheinen. Vielleicht ist Krankheit die einzige Art, verletzlich zu erscheinen, die wir akzeptieren.
Steinmeier hat die Medien gebeten, von privaten Nachforschungen abzusehen. In welcher Klinik die Operationen stattfinden werden, hat er nicht mitgeteilt. Er möchte nun in Ruhe gelassen werden.
Medien und Politiker machen Geschäfte miteinander. Informationen gegen Aufmerksamkeit. Manche Politiker vermarkten per Medien Privates, um günstige Images zu erzeugen. Manche lassen sich als idealer Ehemann mit Vorzeigefamilie ablichten. Wenn gefräßige Medien eine Affäre entdecken, haben die Politiker Pech gehabt. Medien müssen nicht immer akzeptieren, wenn Politiker sagen: Jetzt nicht.
Im letzten Sommer war Steinmeier Kanzlerkandidat, seine Frau die mögliche First Lady. Sie saßen in Talkshows und posierten beim Urlaub in den Dolomiten für die Kamera. Sie ließen sich als modernes Ehepaar inszeniert. Sie, die selbstbewusste Verwaltungsrichterin, er, der gestresste, loyale Gatte. Die Tochter war nicht im Bild. Es war eine verhaltene Inszenierung. Man erfuhr nichts Intimes, stattdessen, dass Steinmeier im Urlaub Krimis liest. Er achtete geradezu peinlich darauf, Distanz zu wahren.
Stimmt schon: Ethik im Journalismus klingt wie ranzige Butter. Aber Steinmeier und Büdenbender haben jedes Recht, von Medien unbehelligt zu bleiben.
Leser*innenkommentare
Amos
Gast
Steinmeier "entschuldigt" sich für sein kurzes Fernbleiben aus der Politik. Würde er ganz aufhören würde er auch keinem fehlen. Dann hätten wir Gott sei Dank einen weniger aus der Schröder- Gang. Übrigens, der Kollege Steinbrück fehlt ja laufend, weil er zu sehr mit seinen Nebeneinkünften beschäftigt ist. Fehlt der jemandem? Und ist es nicht selbstverständlich, wenn man selbst gesund ist, seiner Frau eine Niere zu geben?
Muss das so sehr in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden? Es sei denn, man sammle wieder Wählerpunkte.
Privat
Gast
Kurz, sachlich, privatsphaere wahrend! Danke dafuer! In anderen Medien beginnt schon die ausschlachtung des Themas. Hoffentlich hier nicht!
tatscrew
Gast
Nieren spenden bringen immer plus punkte
bei denn wählen.
Und das hat die SPD nötig
Hans
Gast
Warum nimmt er das nicht als Anlass, ganz mit der Fraktion aufzuhören. Erfolge stellen sich nicht ein, das Charisma geht ihm ab und die SPD hat von ihm im Prinzip überhaupt nicht profitiert - warum lässt Steinmeier es nicht sein?
Dass er seine Privatsphäre respektiert sehen will, finde ich nachvollziehbar, aber warum wollte er dann Kanzler werden? Wer sich in diese Wettbewerbe begibt, der weiß, dass eben dort nicht die Privatsphäre beachtet wird, weil die Menschen wissen wollen, um wen es sich handelt.
Und mir ist seine Frau egal, aber politisch halte ich Steinmeier für eine Fehlbesetzung. Von ihm kommt m.M. auch nichts, denn er ist immer noch in der Regierungszeiten verhaftet. Da kann er sich neue Brillen kaufen oder eine Organspende machen.
Vielleicht ist das ja nur Prelude für den Abgang, das wäre dann gut vorbereitet ...