Hungerhilfe in Niger gestoppt: Angst vor al-Qaida

Internationale Helfer werden aus den Hungerregionen in Niger in die Hauptstadt Niamey zurückgezogen - aus Angst vor Entführungen.

Die Hilfsorganisationen ziehen ihre Mitarbeiter aus den ländlichen Regionen zurück. Bild: ap

BERLIN taz | Einer gerade angelaufenen internationalen Hilfsaktion zur Versorgung hunderttausender Hungernder im bitterarmen Sahelstaat Niger droht aus Terrorangst das Aus. In Nigers Hauptstadt Niamey bestätigte WFP-Sprecher Vigno Houkanli am Montag: "Das WFP hat seine Mitarbeiter in Maradi und Zinder aus Sicherheitsgründen angewiesen, abzuziehen und nach Niamey zurückzukehren."

Helfer, die anonym bleiben wollten, sagten gegenüber Reuters, alle internationalen Organisationen in diesen Landesteilen seien im Begriff, ihre ausländischen Mitarbeiter abzuziehen, weil sie Angst vor Geiselnahmen durch "Al-Qaida im islamischen Maghreb" (AQMI) hätten.

AQMI, ein Bündnis radikalislamistischer Splittergruppen aus Algerien mit Gesinnungsgenossen und Schmugglern in den südlichen Nachbarstaaten, hat in jüngster Zeit mehrmals in Mauretanien, Mali oder Niger westliche Ausländer entführt. Immer wieder werden Geiseln nach monatelanger Haft hingerichtet.

In Niger, Mali und Tschad sind nach UN-Angaben über 10 Millionen Menschen vom Hunger bedroht, nachdem die letzte Ernte zu gering ausfiel und die Lebensmittelvorräte nicht ausreichen, bis die in der laufenden Regenzeit gedeihende nächste Aussaat geerntet werden kann.

7,9 Millionen Betroffene leben in Niger, die Hälfte der Landesbevölkerung. 17 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren in Niger gelten derzeit als schwer unterernährt. Nach UN-Schätzungen droht 60.000 von ihnen der Hungertod noch dieses Jahr.

Der diesjährige Westafrika-Hilfsappell der UNO über insgesamt 725 Millionen Dollar ist aber derzeit nur über 302 Millionen Dollar finanziert, weniger als die Hälfte. Der größte Einzelposten - 242 Millionen Dollar zur Unterstützung unterernährter Bevölkerungsgruppen in Niger durch das WFP - ist immerhin zu drei Vierteln finanziert, aber im Bereich Gesundheit sind nur 3,1 von 53,3 Millionen Dollar benötigten Hilfsgeldern vorhanden.

Das private Hilfswerk Oxfam, das WFP-Hilfsgüter verteilt, beklagte vor wenigen Tagen, die geplante Hungerhilfe für Familien mit Kindern im Alter über zwei Jahren sei komplett gestrichen worden. "WFP konzentriert sich nur noch auf 700.000 Kinder unter zwei Jahren und ihre Familien", so Oxfam. Außerdem würden diese Familien nur die Hälfte des Mindestbedarfs erhalten.

"Geld wird dringend gebraucht, um Lastwagen zu kaufen, mehr Vorratsräume zu öffnen und sicherzustellen, dass Nahrung tatsächlich ankommt. WFP hat 42.000 Tonnen Lebensmittel vorrätig, braucht aber das Doppelte", so Oxfam. Der Rückzug der internationalen Helfer dürfte es jetzt noch schwerer machen, diese Ziele zu erreichen.

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