Hochwasser in Sachsen: Neiße-Flut schiebt sich nordwärts

Im sächsischen Bad Muskau drohen Deiche zu brechen. Auch der dortige Fürst-Pückler-Park, ein Weltkulturerbe, ist von den Fluten bedroht. Das Land verspricht den Opfern rasche Hilfe.

Ein Kamel wird am Sonntag im Tierpark in Zittau aus seinem überfluteten Gehege gezogen.

BAD MUSKAU/GÖRLITZ afp/dpa/apn/rtr | Der Hochwasser-Scheitel der Neiße bewegt sich weiter nach Norden. Im nordsächsischen Bad Muskau wurden vorsorglich rund 100 Menschen in Sicherheit gebracht. Der Leiter des Katastrophenstabes, Thomas Gampe, sagte MDR info, im Ortsteil Sagar müsse damit gerechnet werden, dass der Deich den Wassermassen nicht standhalte.

Am Montagmorgen ging der Katastrophenstab davon aus, dass der Scheitelpunkt des Wassers Bad Muskau so gut wie erreicht habe. Es seien alle Anstrengungen unternommen worden, um die Stadt und den zum UNESCO-Welterbe zählenden Fürst-Pückler-Park zu schützen. Dennoch werde der Park vor den Fluten nicht zu schützen sein, so ein Sprecher.

Derzeit liege der Pegel in Bad Muskau etwa bei sechs Metern. Bürgermeister Andreas Bänder (CDU) sagte MDR Info, er rechne nicht damit, dass es im Park wirklich zu größeren Schäden komme. So seien Technik und Mobiliar aus den Gebäude in Sicherheit gebracht worden. Auch das Schloss sei zusätzlich gesichert worden.

Weiter die Neiße flussaufwärts entspannt sich derweil die Hochwasserlage nach den Angaben Katastrophenschutzstabes. In Görlitz lag der Pegel am Montagmorgen um kurz nach 05.00 Uhr bei 5,25 Metern. Am Sonntagmorgen hatte er noch einen Rekordstand von 7,07 Metern erreicht. Der Krisenstab des sächsischen Innenministeriums hatte am Sonntagabend erklärt, die Neiße werde im Laufe des Tages fast auf Normalstand gesunken sein. Es werde auch nicht mit einer zweiten Flutwelle gerechnet.

Ein Teil der am Vortag in Sicherheit gebrachten Einwohner konnte bereits in ihre Wohnungen zurückkehren. In Teilen von Görlitz und Ostritz waren aber weiterhin mehrere tausend Menschen ohne Strom. Der Katastrophenschutzstab riet den Einwohnern, Wasser vor dem Trinken unbedingt abzukochen. In allen Schulen von Görlitz und der Freien Schule Ostritz fiel am Montag der Unterricht aus.

An der oberen Elbe in Sachsen kann dagegen noch keine Entwarnung gegeben werden, da sich Wassermassen von der Moldau und der Elbe auf Sachsen zubewegen. Die Hochwassermarke werde aber deutlich unter der aus dem Jahr 2002 bleiben.

Fluten kommen langsamer nach Brandenburg

Aufgrund der größeren Überschwemmungen in Sachsen werde das Hochwasser von Spree und Neiße Brandenburg offenbar langsamer erreichen, als erwartet. Dies sagte Wolfgang Genehr, Leiter der Regionalabteilung Süd des Landesumweltamtes. Am Montagabend oder frühen Dienstag dürfte dann aber auch in Brandenburg die höchste Alarmstufe 4 gelten.

Das Wasser könne so hoch steigen wie seit Jahrzehnten nicht mehr, sagte Matthias Freude, Präsident des Landesumweltamtes im RBB-Inforadio. "Das haben wir lange nicht mehr an der Neiße gesehen." Auch das Hochwasser der Spree droht, den Pegelstand der letzten großen Flut aus dem Jahr 1981 zu erreichen und möglicherweise noch zu übertreffen. Die Stadt Spremberg (Spree-Neiße) bereitet sich bereits auf das Spree-Hochwasser vor. Der Landkreis wird 80.000 Sandsäcke bereitstellen.

Anspannung herrscht auch in Cottbus, das ebenfalls an der Spree liegt. Der Zustand der Hochwasserschutzanlagen der Stadt erfordere stark erhöhte Aufmerksamkeit, Deichbrüche könnten bei starker Belastung nicht ausgeschlossen werden, ließ die Kommune wissen. Einrichtungen, die sich in der Nähe der Hochwasserschutzanlagen befinden, müssten schlimmstenfalls auch mit Überschwemmungen rechnen.

Die Staatskanzlei in Potsdam dementierte unterdessen einen Bericht des Rundfunksenders RBB, wonach Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Montag einen Krisenstab zum Hochwasser von Spree und Neiße in Cottbus leiten sollte.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere informierte sich am Montagmorgen in Bautzen und Bad Muskau über die Lage in den Hochwassergebieten. Ein für Montag in Görlitz geplantes Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Jerzy Miller war zuvor abgesagt worden. Auch Polen ist von dem Hochwasser stark betroffen.

Durch das Hochwasser waren in Sachsen drei Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 1.400 Menschen wurden bislang in Sicherheit gebracht. Etwa 1.700 Rettungskräfte, acht Hubschrauber und 14 Boote waren in den betroffenen Gebieten im Einsatz.

Sachsen verspricht Hilfe für die Flutopfer

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat den Hochwasser-Opfern unkomplizierte Hilfe zugesagt. "Wir werden massive Schäden in der Infrastruktur haben, aber natürlich auch im privaten Eigentum", sagte Tillich am Montagmorgen im Deutschlandradio Kultur. Die Schäden könnten zwar erst in den nächsten Tagen ermittelt werden. Diejenigen, die Hilfe brauchen, würden diese aber auch bekommen. Der Freistaat werde finanzielle Mittel bereitstellen und sofort mit den Versicherungen in Kontakt treten, kündigte der Ministerpräsident an.

Der Ministerpräsident verteidigte die getroffenen Schutzmaßnahmen der vergangenen Jahre: Nach der Jahrhundertflut 2002 sei die Meldekette verbessert, Deiche seien rückgebaut worden, Flüsse hätten mehr Raum bekommen. Durch ungewöhnlich schwere Regenfälle und den Bruch der polnischen Staumauer zehn Kilometer vor Görlitz sei aber dieses Mal die Natur "Sieger" geblieben.

Eine Staumauer müsse eigentlich "so sicher sein, dass das (...) nicht passiert", sagte Tillich. Polnische und deutsche Experten würden in den nächsten Tagen zusammen die Mauer untersuchen, um die Gründe für den Bruch herauszufinden.

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