Schwimmen: Invasion der Spaßbäder

In Schleswig-Holstein gibt es 32 Erlebnisbäder. Das reicht, sagen DLRG und Schwimmverband. Aber es werden noch fünf weitere Bäder mit Spaßfaktor geplant.

Rutschen geht, Schwimmen nicht: Sportschwimmer sind eben keine attraktive Zielgruppe. Bild: dpa

32 Spaßbäder gibt es in Schleswig-Holstein und es sollen mehr werden. Fünf weitere Bäder beispielsweise in Damp, Flensburg oder in Schleswig sind geplant, auch wenn die bisherigen Erlebnisbäder im Jahr durchschnittlich 800.000 Euro Defizit verbuchen. Grund genug für Wirtschaftsminister Jost de Jager, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um zu klären, ob es Bedarf für weitere Erlebnisbäder gibt. Das Ergebnis: Experten raten zu einer "äußerst restriktiven Förderung". Was übersetzt werden kann mit: Das eine oder andere geplante Bad wird wohl mit weniger Fördermitteln auskommen müssen oder gar ganz drauf verzichten müssen. Details aus dem Gutachten gibt das Wirtschaftsministerium erst in drei oder vier Wochen heraus, erstmal wolle man in Ruhe auswerten.

"Ich bin zuversichtlich, dass wir nach Auswertung des Gutachtens eine gemeinsame Strategie finden werden, um Kannibalisierungseffekte unter den Bädern zu vermeiden und ein Angebot zu entwickeln, das sich auch nahtlos in unsere Tourismusstrategie einfügt", sagt Staatssekretärin Cordelia Andreßen. Kai Jacobsen von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sorgt sich hingegen weniger um die Belange der Touristen, sondern um die der Sportschwimmer: "Die sind im Gegensatz zu den Spaßbadbesuchern keine attraktive und lohnende Zielgruppe." Das führe dazu, dass immer mehr städtische Schwimmbäder geschlossen oder zu Erlebnisbädern umgebaut werden. "Schwimmbäder sind für die Kommunen immer ein Defizitgeschäft, aber mit einem Spaßbad ist das Defizit im Zweifel kleiner, als mit einem Sportbad", sagt Jacobsen. Er sieht das Problem vor allem darin, dass sich die Kommunen nicht untereinander abstimmen. "Wir bräuchten ein Netzwerk für Sportbäder und für Spaßbäder, damit alle an einen Tisch kommen und gemeinsam entscheiden, wo sinnvollerweise ein Bad gebaut oder geschlossen wird." Das Gutachten des Wirtschaftsministerium sei ein Anfang.

"Uns fehlen normale, eckige Schwimmhallen mit Bahnen und ausreichend Wassertiefe fürs Schwimmtraining der Schulen und Vereine", sagt Kerstin Cellarius, Präsidentin des Schwimmverbands Schleswig-Holstein. "Mit reinen Spaßbädern können wir nichts anfangen." In Scharbeutz beispielsweise gäbe es seit dem Bau der Ostseetherme kein Bad mehr, in dem Kinder ihr Schwimmabzeichen machen können.

In Schleswig-Holstein gibt es 32 Spaßbäder, die auch Erlebnisbäder oder Freizeitbäder genannt werden. Fünf weitere sollen nach bisherigen Planungen hinzukommen. Was aus einer Schwimmhalle mit Bahnen und Sprungmöglichkeiten ein Spaßbad macht:

Außergewöhnliche Beckenformen, gern runde Formen.

Viele Wasserrutschen und Wildwasserkanäle.

Whirlpools und Wasserfälle.

Gastronomie, die mehr als eine Pommesbude ist.

Saunalandschaften und Solebäder.

Wellness-Angebote wie Thalasso oder Massagen.

Eine Lösung wäre die friedliche Koexistenz wie im Flensburger Campusbad, so Jacobsen. Ein privater Investor hatte das städtische Hallenbad übernommen und wollte es zu einem Spaßbad umbauen. Es wäre das Aus für den Schwimmunterricht vieler Schulen und Vereine auch außerhalb Flensburgs gewesen. Ein anderes Bad in der Umgebung gibt es nicht. Der Investor lenkte ein. "Nun können Vereine und Schulen trainieren und Familien sich vergnügen", sagt Jacobsen. "Das funktioniert prima."

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