Niederländische Regierung: Eine pikante Dreierbeziehung

Der Rechtspopulist und Islamfeind Geert Wilders ist bereit, eine Minderheitsregierung aus Christdemokraten und Rechtsliberalen zu tolerieren.

Pflegt den Anschein der Seriosität: der Populist und Islamfeind Wilders. Bild: ap

ARNHEM taz | Fünf Tage hatten sie geschwiegen. Als sie schließlich das Resultat ihrer diskreten Vorgespräche vor den Kameras mitteilten, wirkten sie ein wenig wie Lausbuben, die sich einen lustigen Streich ausgedacht haben. Mark Rutte von der rechtsliberalen Partei VVD, Maxime Verhagen, der die geschwächte christdemokratische CDA vertritt, und der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Partei PVV haben sich verständigt, ab dieser Woche über eine rechte Minderheitsregierung zu verhandeln. VVD und CDA wollen ein Kabinett bilden, die PVV soll kein Ministeramt erhalten. Wilders will dies tolerieren.

Mark Rutte, der vermutliche Ministerpräsident in spe, erklärte, "Perspektiven für eine solche Regierung" zu sehen. Die VVD ist seit den Wahlen vom 9. Juni mit 31 Sitzen stärkste Partei. Mit der Tolerierung durch die Rechtspopulisten der Partei der Freiheit (PVV) kämen die Volkspartei für die Freiheit (VVD) und der Christdemokratische Appell (CDA) auf die knappe Mehrheit von 76 der 150 Sitze.

In einer gemeinsamen Erklärung der drei Parteien, die der von Königin Beatrix eingesetzte Vermittler Ruud Lubbers entgegennahm, hieß es, wegen der großen Differenzen sei es nicht möglich gewesen, eine gemeinsame Koalitionsregierung zu bilden. Streitpunkt war vor allem Wilders' Islamkritik. Für die CDA ist der Islam eine Religion, für die PVV dagegen eine verwerfliche Ideologie. Wilders will Moscheen schließen, ein Kopftuchverbot erlassen und die Grenzen der Niederlande für alle Immigranten aus islamischen Ländern schließen. Einig ist man sich dagegen über schärfere Kriterien bei der Immigration, die der VVD aber nicht an die Religionszugehörigkeit binden will.

Deshalb ist man jetzt überein gekommen, dass Wilders die Minderheitskoalition toleriert, wenn VVD und CDA für eine strengere Handhabung der Immigration und des Asyls, für mehr Sicherheit und eine bessere Versorgung der Rentner eintreten. Im Gegenzug will Wilders ein Sparprogramm von 18 Milliarden Euro unterstützen. Eine Erhöhung des Rentenalters hat Wilders bereits nach der Wahl für möglich gehalten, um eine Regierungsbeteiligung der PVV nicht zu blockieren.

Pikant ist die neue Dreierbeziehung, die sich jetzt entwickelt, vor allem für die CDA. Sie ist der große Wahlverlierer und nur noch viertstärkste Partei. Die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Jan-Peter Balkenende ist um die Hälfte auf 21 Sitze geschrumpft. Ihre Wähler hat die CDA vor allem an die Wilders-Partei verloren, darunter viele der Stammwähler in den Provinzen Noord-Brabant und Limburg. Etliche CDA-Politiker lehnen eine Zusammenarbeit mit Wilders ab.

Am Mittwoch soll im Parlament erneut über die Regierungsbildung debattiert werden. Die linken Parteien fordern, dass Lubbers erst alle anderen Mehrheitskoalitionen prüft. Gescheitert waren bislang Gespräche zur Regierungsbildung zwischen der VVD, Groen Links, der linksliberalen D66 und der sozialdemokratischen Partei van de Arbeid (PvdA), die im Parlament über 30 Sitze verfügt. Im Oktober muss sich Geert Wilders in einem Strafprozess vor Gericht verantworten: wegen Diskriminierung und Beleidigung von Muslimen und Anstiftung zum Hass.

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