Hochspringerin Ariane Friedrich: "Der Günter hat gesagt"

Ariane Friedrich ist Mit-Favoritin im Hochsprung bei der Leichtathletik-EM in Barcelona. Gerne hört sie das nicht und verschanzt sich hinter dem Trainer.

Höchste Konzentration: Ariane Friedrich vor dem nächsten Sprung. Bild: dpa

BARCELONA taz | Günter Eisinger ist ein massiger Mann. Ariane Friedrich, 1,79 Meter lang, aber nur 57 Kilogramm leicht, kann sich locker hinter ihm verstecken. Das tut sie manchmal auch ganz gern. Günter Eisinger ist nicht nur der Trainer der Hochspringerin aus Frankfurt, sondern auch so etwas wie ihr Schutzwall. Wenn die Erwartungen oder die Kritik von außen wieder einmal zu groß werden, geht Friedrich hinter ihrem Schutzwall in Deckung. Die Formulierung "der Günter hat gesagt" taucht in diesen Momenten dann ganz häufig auf in ihrem Wortschatz.

"Der Günter" ist nicht nur Friedrichs Trainer. Er ist auch väterlicher Freund, Motivator, Psychologe, Manager und Berater. Er ist der Mann, der aus dem Partygirl Ariane Friedrich eine echte Weltklasseathletin geformt hat. Jetzt wacht er darüber, dass das so bleibt. Und er passt auf, dass der Druck auf die zierliche Person mit der wasserstoffblonden Koboldfrisur nicht allzu groß wird.

Günter Eisinger ist immer in Friedrichs Nähe, auch bei der Leichtathletik-EM in Barcelona. Dort will sich die 26-Jährige am Freitag (10.05 Uhr) für das Hochsprung-Finale am Sonntag (19.30 Uhr) qualifizieren. Dann gilt es wieder einmal, gegen die große kroatische Widersacherin Blanka Vlasic zu bestehen. Friedrich wehrt sich allerdings dagegen, den Hochsprung wie zuletzt bei der Heim-WM in Berlin auf ein Duell zu reduzieren. Zu viele Springerinnen lägen in diesem Jahr zu dicht zusammen. Neben Vlasic (2,03) und Friedrich (2,02) haben auch die Italienerin Antonietta Di Martino (2,01) und die Spanierin Ruth Beitia (2,00) in dieser Saison schon die Zwei-Meter-Marke überboten.

Zudem ist die belgische Titelverteidigerin Tia Hellebaut aus ihrer Babypause zurückgekehrt. Sie flog bislang nur über 1,95 Meter, aber allen Konkurrentinnen unvergessen ist, wie sie bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking der damaligen Seriensiegerin Blanka Vlasic die Goldmedaille weggeschnappt hat. Eisinger ist fest davon überzeugt, dass Tia Hellebaut in diesem Jahr wieder in einer Topverfassung ist.

Über sich selbst sagt Ariane Friedrich: "Ich bin in dieser Saison nicht ganz so stabil in meiner Technik." Sie mag den Druck nicht, der seit 2008 auf ihr lastet. Eisinger weiß das. Deshalb spricht er viel von Geduld. Deshalb nimmt er als Manager kein Geld von Friedrich. Er will nicht in die Versuchung geraten, sie wegen der Prämien zu Meetings zu schicken, die ihr sportlich nicht guttäten. "Außerdem würde das unser Verhältnis belasten", sagt Eisinger. Er hat noch viel vor mit Ariane Friedrich, viel mehr als diese Europameisterschaft in Barcelona. "26 ist ja kein Alter, bis London 2012 ist noch viel, viel Zeit", sagt er.

So rosig hat Eisinger die sportliche Zukunft der Ariane Friedrich nicht immer gesehen. Bis vor gut drei Jahren war Friedrich nicht mit dem nach Eisingers Ansicht nötigen Ernst bei der Sache. Sie ging lieber feiern. "Dort, wo sie herkommt, gibt es im Umkreis von 30 Kilometern nur eine Disko", erzählt er. "Als sie dann nach Frankfurt kam, gab es 30 Diskos im Umkreis von einem Kilometer. Und glauben Sie mir, Ariane kennt sie alle." Er habe jedoch ihr Potenzial als Hochspringerin gesehen, das sie im Partytrubel zu verschleudern drohte. Deshalb wurde er wütend. "Vor dreieinhalb Jahren gab es ein tränenreiches Gespräch", sagt Eisinger. Er stellte Friedrich vor die Wahl: entweder die Diskos oder ein ernsthaftes Sportlerleben an seiner Seite. Friedrich entschied sich für Eisinger und den Hochsprung.

Der neue Lebenswandel als Leistungssportlerin zeigte schnell Wirkung: 2008 stieß Friedrich in die Weltspitze vor, sie verbesserte sich von 1,94 auf 2,03 Meter. 2009 stellte sie mit 2,06 Meter einen deutschen Rekord auf und wurde Hallen-Europameisterin und Weltmeisterschaftsdritte. Jetzt gehört sie in Barcelona wieder zu den Favoriten, auch wenn sie das nicht gern hört. Und Günter Eisinger sagt: "Ich bin froh, dass sie ihr Flippileben hatte, so habe ich ihr nicht ihre Jugend gestohlen."

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