Kommentar Umweltkatastrophe: Zwei-Fronten-Kampf gegen die Ölpest

Die US-Regierung kann nahezu überall auf der Welt Kriege führen. Aber sie schafft es nicht, Menschen und Umwelt vor der Ölindustrie zu schützen.

Es kommt nicht oft vor, dass Innenminister einfach mal die Wahrheit sagen. US-Innenminister Ken Salazar ist das gerade gelungen. Er begründete seine Entscheidung für ein fortgesetztes Moratorium gegen neue Ölbohrungen mit dem täglich aufs Neue erbrachten Beweis, dass die Industrie weder in der Lage ist, eine Katastrophe zu verhindern, noch, sie in den Griff zu bekommen und sicher zu operieren. So klar, so offensichtlich. Verrückterweise ist das Moratorium trotzdem so umstritten.

Da verkündet British Petroleum nach über elf Wochen ungebremsten Ölaustritts, man habe jetzt die Möglichkeit gefunden, das Loch zu verschließen. Na ja, vielleicht. Es müsse sich erst herausstellen, ob die neue Glocke wirklich hält.

Wenn nicht, ist man ein paar Wochen damit beschäftigt, sie wieder wegzuräumen. Wären die Folgen nicht so grauenvoll, man könnte aus den vielen Unwägbarkeiten des neuen BP-Abdichtungsversuchs eine wunderbare Technik-Reality-Show drehen: Was werden die Druckmessungen ergeben? Wird der Ölstrom versiegen? Wird es gelingen, das Loch mit Schlamm und Beton zu schließen? Am nächsten Wochenende im Pay-TV!

Noch also weiß niemand, ob wirklich in ein paar Tagen das Öl aufhört zu strömen. Selbst wenn, ist die Umwelt auf Jahre geschädigt. Aber längst tut sich die Industrie zusammen, um gegen die gemeine Regierung vorzugehen, die ihr gern vorübergehend verbieten möchte, weiter ihre Profite auf Kosten der Umwelt und der Allgemeinheit zu mehren.

Die Argumentation des Berufungsrichters, der in der vergangenen Woche der Industrie recht gab, weil die Regierung keine Beweise dafür vorgelegt habe, dass für den Golf ein Risiko bestünde, ist mehr als grotesk. Warum, fragt man sich kopfschüttelnd, muss sich eine Regierung ausgefeilter juristischer Tricks bedienen, um durchzusetzen, was die Vernunft nahelegt - nämlich mit dem Bohren aufzuhören, bis die Sicherheitslage besser ist als heute?

Es ist eine reine Machtfrage. Die ganze Absurdität, in die Ölhunger und Deregulierungsdiskurs die Welt gestürzt haben, ist unübersehbar. Die US-Regierung kann nahezu überall auf der Welt Kriege führen. Aber sie schafft es nicht, Menschen und Umwelt vor der Ölindustrie zu schützen. Die Folgen sind offensichtlich. Wäre das nicht ein würdigerer Gegner für internationale Koalitionen als die Taliban in den Bergen Afghanistans?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.