Datenablage für Inder ohne PC: Internet-Café zum Mitnehmen

Internet-Cafés haben in Indien eine enorme Popularität. Ein Anbieter will diesen Umstand nutzen und mit Cloud-Computing die Café-Besucher unabhängiger machen.

Das Tor zum Internet für ärmere Inder: Besucher eines Internet-Cafés in Neu-Delhi. Bild: dpa

Cloud-Computing gilt seit einiger Zeit als wichtiger Wachstumsmarkt im Internet: Dabei landen Daten und Anwendungen nicht mehr allein auf der Festplatte des heimischen Computers, sondern werden in einer Server-"Wolke" im Rechenzentrum großer Dienstleister abgelegt. Der Vorteil: Da diese Firmen auch den Job der professionellen Datensicherung übernehmen, können Informationen weniger häufig verloren gehen.

Zudem lassen sich in der "Cloud" abgespeicherte Dokumente von nahezu jedem Rechner aus abrufen: Web-Schnittstellen erlauben den Zugriff per Browser. Firmenkunden wiederum sparen sich Administrationskosten oder können auch leistungshungrige Programme für wenig Geld auf den Hochleistungsservern ihrer Dienstleister ausführen. Cloud-Computing wird aufgrund seiner Vorteile deshalb mittlerweile nicht nur von Spezialanbietern vermarktet, sondern auch von Online-Riesen wie Google, Microsoft und Amazon.

Der indische Internet-Provider Sify Technologies will die Technik nun einer ganz neuen Zielgruppe offerieren: Menschen, die sich bislang keinen eigenen Computer leisten können. Dazu soll ein Paket aus cloud-basierten Anwendungen geschnürt werden, auf die von überall auf der Welt aus zugegriffen werden kann – in diesem Fall vor allem von Internet-Cafés, die in Indien noch immer einen der Hauptzugriffsorte auf das Netz darstellen. Von den 52 Millionen indischen Städtern, die im vergangenen September das Internet nutzten, verwendeten immerhin 37 Prozent Internet-Cafés. In ländlichen Regionen, wo nur wenige einen PC zur Verfügung haben, sei der Anteil noch höher, heißt es in einer Studie der "Internet and Mobile Association of India".

Sify betreibt insgesamt 1200 Internet-Cafés in Indien – direkt oder in Form von Franchising. Diese sollen das Cloud-Paket namens "Sify mylife" als erstes vertreiben. Die Technik basiert auf einem kleinen Zugangsrechner, der im Café installiert wird. Durchaus denkbar, dass Sify sein System bei Erfolg auch anderen Internet-Café-Betreibern anbietet.

Mit dem Cloud-Paket soll es möglich sein, Text und andere Dokumente im Browser zu erstellen, die der Nutzer später auch bequem in anderen Internet-Cafés aufrufen kann.

Daneben will Sify die Plattform nutzen, um Bezahldienste und E-Commerce-Angebote zu offerieren, Chats und Internet-Telefonie zu ermöglichen und Spiele anzubieten. Sify soll Indern, die keine Kreditkarte besitzen, ermöglichen an kommerziellen Internetangeboten teilnehmen zu können. Dafür bezahlt der Kunde den Internet-Café-Betreiber mit Bargeld und dieser übermittelt das Geld elektronisch an den eigentlichen Empfänger.

Als weiteren Schritt stellt man sich bei Sify auch die Vermietung von Software vor – so könnte ein Nutzer beispielsweise ein Büropaket erwerben, das er dann nur "auf Zuruf" einsetzt. Ein ähnliches Modell, wie es Microsoft bereits anbietet: Um in Ländern mit einem hohen Anteil an Raubkopien, die Kaufschwelle zu senken, bietet Microsoft Mietmodelle für Windows und Office an. Dabei funktioniert der Rechner wie ein Prepaid-"Einwurfsystem": Man bezahlt seine Lizenz für einige Monate, muss sie dann aber wieder "auffüllen".

Sify hat sich noch nicht dazu geäußert, wie sicher seine neue Cloud-Plattform sein wird. "Arbeite in einer sicheren Online-Umgebung, die den gesetzlichen Vorgaben entspricht", heißt es dazu nur in der Ankündigung des neuen Dienstes. Tatsächlich haben indische Behörden Internet-Cafés schon seit längerem auf dem Kieker. Regelungen zur Überwachung sind hier schärfer als beim PC zuhause. Wie viel Privatsphäre die Nutzer in ihrer "Wolke" haben werden, bleibt also abzuwarten.

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