Kommentar Sprinklereinsatz gegen Menschen: Die Grenzen der Sozialhygiene

Zynisch ist, auf eine technische "Lösung" zu setzen. Da ist Nicolas Sarkozys Vorschlag, mal durch die Pariser Vorstädte zu "kärchern", nicht weit.

Im Streit um die Berieselung der Osnabrücker Fußgängerzone geht es um einen Territorialkonflikt: Dürfen Nicht-Konsumenten das Einkaufsvergnügen der Mehrheitsgesellschaft stören - oder ihm auch nur beiwohnen?

Manchen Geschäftsleuten ist das schon zu viel soziale Wirklichkeit, und das ist weder neu noch besonders überraschend. Viele Kommunen versuchen das "Problem" herumlungernder Jugendlicher und Erwachsener auf die unterschiedlichste Weise zu "lösen": Trinkerverordnungen, Trinkerräume, Platzverweise und so weiter - damit alles ordentlich aussieht. Wenigstens dort, wo das Geld gemacht wird.

Am Vorgehen der Osnabrücker Wiederholungstäter, die Jugendliche auch schon mit hochfrequentem Piepen zu vertreiben versucht hatten, ist zynisch, dass sie wieder auf eine technische "Lösung" setzen - als handele es sich schlicht um Dreck vor ihrer Tür, den man wegspülen müsse. Da ist Nicolas Sarkozys Vorschlag, mal durch die Pariser Vorstädte zu "kärchern", nicht weit. Zum Glück durchschauen die Betroffenen das dahinter stehende Menschenbild und haben genug Humor, sich über die "Sozialhygieniker" lustig zu machen. Und zum Glück ist die Stadt diesen noch rechtzeitig in den Arm gefallen.

Wenn den echten Dreck bald echte Menschen wegschrubben, könnte am Ende auch noch jemand Arbeit finden, statt auf der Straße rumzulungern.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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