Amazon verschickt Lebensmittel: Futter aus dem Web

Der Versuch, Supermarktartikel per Internet zu verkaufen, ist in der Geschichte des Netzes gleich mehrfach grandios gescheitert. Amazon versucht es trotzdem.

Bioprodukte, Kaffee, Wein - bei Amazon kann jetzt auch geschlemmt werden. Bild: screenshot/amazon.de

Sie gehörten zu den größten Pleiten der Internet-Geschichte: Firmen, die sich auf den Online-Vertrieb von Lebensmitteln konzentrierten. Egal ob der US-Riese Webvan oder der New Yorker Konkurrent Kozmo.com - alle scheiterten sie kurz nach der Jahrtausendwende grandios. Es zeigte sich, dass der Aufbau der notwendigen Infrastruktur vom Lager über die Direktauslieferung bis zur Aufrechterhaltung der Kühlkette nichts fürs margenschwache Internet-Geschäft war - zumal in vielen Fällen nicht einmal Versandkosten anfielen. Und so verabschiedete sich die Idee, von gut finanzierten Start-ups vorangetrieben, wieder.

Mittlerweile könnten die Chancen besser sein. Das Netz hat sich im Gegensatz zu den alten "Dotcom"-Zeiten in der Gesamtbevölkerung durchgesetzt, eine Mehrheit in den westlichen Ländern ist online. Zeit also für einen neuen Versuch mit Lebensmittel-E-Commerce? Tatsächlich hat der Online-Verkauf frischer Produkte sowieso nie ganz aufgehört - wenn er sich auch nur im relativ kleinen, regionalen Rahmen bewegte. So gibt es etwa in Berlin, Hamburg oder Köln mehrere lokale Spätverkäufe, die sich auch im Internet umtun, während die Supermarktkette "Kaiser's" in Berlin und München ihren Lieferkatalog seit Jahren auch per Netz erreichbar macht. Bei Schlecker kann man Drogerieartikel erwerben, beim Mittelständler Lebensmittel.de aus Hannover/Dresden versucht man es mit allem von Nutella bis zur Tiernahrung.

Nun will auch ein Online-Versandhandel in den Markt einsteigen: Genauso wie Amazon seit einigen Jahren in den USA wieder mit dem Absatz von Supermarktprodukten begonnen hat, folgt nun auch die deutsche Tochter nach. Seit dieser Woche ist "Amazon.de Lebensmittel & Getränke" in einer Beta-Phase freigeschaltet. Immerhin knapp 40.000 verschiedene Artikel sind verfügbar, die von Amazon selbst sowie sechs kleineren Partnern stammen.

Dem Angebot sieht man an, dass es darauf getrimmt ist, sich auch online zu lohnen. Amazon selbst setzt vor allem auf haltbare Produkte vom Knabbergebäck über Pasta bis zur Trockenfrucht. Dabei geht der Trend stark zu Mehrfachverpackungen, damit sich das Geschäft einigermaßen rentiert - eine Tüte Saft gibt's hier nicht, da muss man schon den 6er- oder 8er-Pack kaufen. Selbst Fertigknödel oder Dosentomaten kann man nicht einzeln erwerben - und ob jemand wirklich Nudeln im 12er Pack à 500 Gramm braucht, sei dahingestellt. Dabei ist das Angebot noch lückenhaft - nicht einmal Coca Cola war im Kurzcheck zu finden.

Fast interessanter sind da die Angebote der Partnerfirmen. Dabei handelt es sich unter anderem um Bioläden, die auch Obst und Gemüse verkaufen, aber auch um Spezialisten etwa für Wein. Das Sortiment ist so angeordnet, dass es miteinander verschmilzt - von Babynahrung bis Zuckerwaren. Man kann aber auch über einen Filter nach Lieferanten unterscheiden lassen, um einen besseren Überblick zu erhalten, was es wo gibt.

Der Einkauf an sich läuft wie bei Amazon gewohnt: Man legt Produkte in den Warenkorb und bestellt sie dann. Kommt das Produkt von Amazon direkt, lassen sich auch die dortigen Liefermöglichkeiten nutzen - unter anderem gegen Aufpreis ein Overnight-Express. Bei den externen Händlern gelten stattdessen deren jeweilige Versandregelungen, was nicht selten Versandkosten beinhaltet, die bei Amazon ab 20 Euro Bestellwert wie üblich wegfallen.

Amazon macht mit dem Start seiner Lebensmittel-Beta einen weiteren Schritt hin zum Universalkaufhaus. Nachdem die Firma anfangs mit Büchern und CDs begann, verkauft sie inzwischen alles von der Socke bis zur High-End-Hifi-Anlage. Produkte zur Kücheneinrichtung oder für den Garten sind ebenfalls seit längerem erhältlich. Kommen die Lebensmittel von Amazon, kann man sie deshalb auch ganz einfach mit anderen Bestellungen in ein Paket packen lassen. Die Sendung kommt wie üblich mit der Post. Einen Schnelllieferdienst für Lebensmittel will Amazon indes nicht in Deutschland aufbauen. Dieser existiert derzeit nur in der Heimatstadt des Konzerns Seattle, wo man Obst oder Gemüse auf Wunsch noch am selben Tag bekommen kann.

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