Die Fifa expandiert in Afrika: Kontinent der Riesentalente

"Mit Afrika für Afrika gewinnen" heißt das neue Fifa-Programm für den Kontinent. Neben der Entwicklung des afrikanischen Fußballs sollen gleich noch Afrikas Probleme mitgelöst werden.

Es gäbe 50 Millionen Fußballer, aber nur drei Millionen seien registriert, bemängelt die Fifa. Bild: reuters

JOHANNESBURG taz | "Vielen, vielen, vielen Dank!" Leodear Tenga, der Präsident des Fußballverbandes von Tansania, lobt den Weltfußballverband Fifa über den grünen Klee. Der hat gerade sein 70 Millionen Dollar schweres Sonderprogramm für Afrika vorgestellt. "Win for Africa with Africa" heißt es. Tenga schwärmt von den drei neuen Kunstrasenplätzen, die davon finanziert werden, von der Software zur Spielerregistrierung, von der Schulung der Funktionäre und Trainer und natürlich von Sepp Blatter, der das alles ermöglicht hat. Am ersten spielfreien Tag dieser Weltmeisterschaft feierte sich die Fifa gestern als sportlicher und sozialer Heilsbringer für Afrika.

"Ich möchte hier daran erinnern, dass Sepp Blatter 1974 seine Laufbahn bei der Fifa als Entwicklungskoordinator in Äthiopien begonnen hat", sagt Thierry Regenass, Fifa-Direktor für Entwicklung und Zusammenarbeit. Er verantwortet "Win for Africa with Africa" im Weltverband. Auch er gerät ins Schwärmen. Wenn er von Afrika redet, spricht er, man kann es schon nicht mehr hören, von der "außergewöhnlichen Leidenschaft und Liebe", die die Menschen in jedem Land des Kontinents für den Fußball empfinden würden. 50 Millionen Fußballer gebe es in Afrika. Nur drei Millionen davon seien bei den Verbänden registriert. Unorganisierter Fußball: Das kann Regenass nicht gefallen. Fußball soll immer Fifa-Fußball sein. Deshalb ist die Software zur Registrierung von Spielern eines der Hauptwerkzeuge des Fifa-Entwicklungsprogramms für Afrika.

Fußball soll sich aber auch lohnen. Der Aufbau funktionierender, professioneller Ligen soll daher forciert werden. Die afrikanischen "Riesentalente", so Regenass, sollen so noch besser vorbereitet werden auf den europäischen Markt. In Tansania habe man schon gelernt, berichtet Leodear Tenga. Da hätten die Spieler der ersten Liga mittlerweile alle einen Vertrag. Die Klubs seien lizenziert worden. Als "mustergültig" bezeichnet Ashford Mamelodi, der das Fifa-Entwicklungsprogramm im südlichen und östlichen Afrika koordiniert, den tansanischen Fußball.

Mustergültig? Tansanias Liga gilt als überaus korrupt. In der abgelaufenen Saison wurden vier Schiedsrichter gesperrt, weil sie sich an Spielmanipulationen beteiligt hatten. Darauf angesprochen sagte Tenga: "Aber dafür haben wir jetzt ein bessere Infrastruktur." Die Fifa finanziert also Kunstrasenplätze, wenn aber in einem Verband etwas schiefläuft, greift sie nicht ein. "Dazu haben wir nur bei Weltturnieren die Möglichkeit", sagt Fifa-Mediendirektor Nicolas Maginot, als er auf die Altersmanipulation angesprochen wurde, derer die U17 des Fußballverbandes von Niger überführt worden ist. Man will keinen Ärger in der von Sepp Blatter so bezeichneten Fußballfamilie.

Wie menschlich die Familie ist, auch das wurde vorgeführt bei der Vorstellung der Entwicklungshilfeprojekte für Afrika, das "Erbe der WM", das dem Kontinent auch nach Beendigung des Weltturniers erhalten bleiben soll. "Football for Health" heißt ein Aufklärungsprogramm, das die Fifa in Mauritius, Simbabwe und Südafrika in etlichen Schulen getestet hat. Da wird 45 Minuten lang Fußball gespielt, danach wird 45 Minuten über Händewaschen, sauberes Wasser, Impfungen oder Drogen gesprochen. "Wenn ich in eine Schule gehe und über Medizin spreche, dann schlafen alle sofort ein. Wenn ich aber Fußball spiele und über Medizin spreche, dann hören alle zu", sagt Jiri Dvorak, der Chefmediziner der Fifa, so als könne man Afrikanern nur etwas beibringen, wenn man ihnen einen Fußball aufs Pult legt.

Das Programm, für das elf Superpromis des Fußballsports, unter ihnen Lionel Messi, Didier Drogba und Gianluigi Buffon, Pate stehen, soll bald schon ganz Afrika erreichen. Am 7. Juli empfängt Fifa-Boss Blatter im Headquarter des Weltverbandes in Johannesburg Moses Charuwananga Chirambo, den Gesundheitsminister Malawis, das gerade der AU vorsteht, um ihm "Football for Health" vorzustellen. Der Herrscher des Weltfußballs empfängt die hohe Politik. Die Fifa als soziales Gewissen Afrikas mit dem guten Herrn Blatter an der Spitze. Wie Leodear Tenga sagt: "Vielen, vielen, vielen Dank!"

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