Weltmeister Italien scheidet aus: Heim zu Mamma

Großes Drama in Johannesburg. Der amtierende Weltmeister Italien wird in einer mitreißenden Partie mit einer 3:2-Niederlage von den Slowaken nach Hause geschickt.

Italiens Fabio Quagliarella hat sich wohl viel vorgestellt, aber kein Vorrundenaus. Bild: ap

JOHANNESBURG taz | Es war der erste emotionale Höhepunkt dieser WM. In einer zweiten Halbzeit voller Energie und Leidenschaft haben Italien und die Slowakei gezeigt, wie mitreißend Fußball sein kann. Es war ein Spiel wie ein Rausch. Mit 3:2 hat die Slowakei den Weltmeister besiegt. Der Titelverteidiger ist ausgeschieden. Spieler und Betreuer der slowakischen Mannschaft waren nicht mehr zu halten. Sie stehen im Achtelfinale und haben nach dem Schlusspfiff nicht so ausgesehen, als würden sie das glauben. Was für ein Spiel!

Dass Italien gescheitert ist, daran sind sie mit ihrem merkwürdigen Auftritt in der ersten Hälfte selbst schuld. Das Spiel das den Ellis Park von Johannesburg letztlich so gerockt hat, es war lange ein Krampf. Ein paar Bälle hinten rum. Ein Zweikampf im Mittelfeld. Ein Foul. Freistoß im Mittelfeld. Ein hoher Ball nach vorne. Ein unfaires Duell in der Luft. Ein Freistoß am eigenen Strafraum. Ein hoher Ball. Ein Rückpass.

Wie war das noch 2006? Da hatte alle Welt den Weltmeistertrainer Marcello Lippi als taktisches Genie bezeichnet. Und die italienischen Spieler galten als Musterschüler, weil sie taktisch perfekt ausgebildet zur Nationalmannschaft stoßen. Ja, er war verdient, der Führungstreffer für die Slowaken, den Robert Vittek in der 25. Minute erzielt hat. Die spielten zwar auch nicht viel anders als die Italiener. Ein paar Bälle hinten rum. Ein Zweikampf im Mittelfeld …. Aber sie zeigten wenigstens Engagement in einer grauenhaften ersten Halbzeit.

Slowakei - Italien 3:2 (1:0)

Slowakei: Mucha - Pekarik, Skrtel, Durica, Zabavnik - Strba (87. Kopunek), Kucka - Stoch, Hamsik, Jendrisek (90.+4 Petras) - Vittek (90.+2 Sestak)

Italien: Marchetti - Zambrotta, Cannavaro, Chiellini, Criscito (46. Maggio) - Gattuso (46. Quagliarella), De Rossi, Montolivo (56. Pirlo) - Pepe, Iaquinta, Di Natale

Schiedsrichter: Webb (England)

Zuschauer: 53.412

Tore: 1:0 Vittek (25.), 2:0 Vittek (73.), 2:1 Di Natale (81.), 3:1 Kopunek (89.), 3:2 Quagliarella (90.+2)

Gelbe Karten: Mucha, Pekarik, Strba, Vittek / Cannavaro, Chiellini, Pepe, Quagliarella

Es war wahrhaft schauerlich. Gefährlich wurde es für die Slowaken nur einmal, als Martin Skrtel einen herrlichen Kopfball nur knapp über das eigene Tor setzte. Für den negativen Höhepunkt der ersten Halbzeit sorgte dann Gattuso, der einen Ball sinnlos nach vorne säbelte, dabei Zdrenko Strba von den Beinen holte und diesem die Stollen ins Beinfleisch bohrte. Was folgte war nicht neu. Ein Spieler wälzte sich am Boden. Ein paar Bälle hinten rum … Fußball? Fehlanzeige! Und Gott sei Dank der Pausenpfiff.

Mit Christian Maggio für Gennaro Gattuso und Fabio Quagliarello für Domenico Criscito wollte Lippi dann die Wende erzwingen. Und es gelang der erste Angriff. Der bis dato hilflose Stürmer Vincenzo Iaquinta köpfte vorbei. Und dann lag der slowakische Torhüter auf dem Platz, tat so, als habe er sich weh getan. Kurz darauf Fabio Cannavaro. Das Grauen schien sich fortzusetzen. Lippis letzte Hoffnung hieß Andrea Pirlo, der als spielmachender Sechser vor vier Jahren mit Lob überhäuft worden war.

Der kam elf Minuten nach der Pause und endlich, endlich wurde Fußball gespielt im Elis Park. Die Italiener kamen zu Chancen und die Slowaken hielten dagegen und schlugen sich lange wacker in der Verteidigungsschlacht, die ihnen die Italiener jetzt aufzwangen. Angriff, Angriff, Konter, Angriff, Konter. Das Spiel war zum Hingucker geworden. Und nach dem 2:0, das wieder Robert Vittek, diesmal im Anschluss an eine Ecke, erzielt hat, wurde es zum historischen Match. Die Slowaken spielten sich in einen wahren Adrenalinrausch hinein.

Und dann stand es plötzlich 2:1. Stürmer Antonio di Natale, der bis dato von seinen Mitspieler vergessen worden zu sein schien, hatte den Anschlusstreffer erzielt. Eine Beinaheschlägerei folgte. Ein Tor der Italiener wurde nicht gegeben. Ganz, ganz laut wurde es im Stadion. Ein Konter und plötzlich stand es 3:1 für die Slowaken. Kamil Kopunek hatte den Keeper überlupft. Das war's immer noch nicht. Fabio Quagliarella traf mit wunderschönem Schuss aus gut 20 Metern. Italien und die Slowakei hatten zuerst für den grauenhaftesten Kick in diesem Turnier gesorgt, um dann den ersten emotionalen Höhepunkt zu setzen.

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