Unsicherheit bei den Spaniern: Lob trotz verpatztem WM-Start

Spaniens Trainer del Bosque versucht nach der Niederlage gegen die Schweiz seine Spieler aufzumuntern. Zuhause ist die Stimmung aber dramatisch umgeschlagen.

Hält nach dem schlechten WM-Auftakt der Kritik stand: Spanien-Trainer del Bosque. Bild: reuters

POTCHEFSTROOM taz | Seine Krisenstrategie hat Vicente del Bosque sofort kommuniziert, sie lautet: Weiter so! Gleich zu Beginn des ersten Trainings nach der schmerzvollen Auftaktniederlage gegen die Schweiz scharte er seine Nationalspieler um sich und erinnerte sie an die vielen gewonnen Partien der letzten beiden Jahre. Auch gegen die Helvetier hätten sie nicht schlechter gespielt, einfach nur Pech gehabt. "Die Ansprache war extrem positiv, es gab nicht einen Vorwurf", hieß es danach aus der Mannschaft.

Bei 25 Siegen und 2 Niederlagen sowie einer Tordifferenz von 75:16 steht Spanien in der Amtszeit des Gentleman aus Salamanca, doch Montag gegen Honduras geht es für den WM-Favoriten schon um den Verbleib im Turnier. Zuhause ist die Stimmung dramatisch umgeschlagen, von hemmungslos optimistisch zu verblüffend pessimistisch. Die durch den EM-Sieg 2008 vermeintlich beseitigten Wunden jahrzehntelangen Scheiterns brechen wieder auf, plötzlich glaubt nicht einmal jeder fünfte Spanier an den Titel.

Del Bosque sieht sich nun primär als Animateur gefragt, er will verhindern, dass der Fatalismus seine Spieler befällt. "Podemos" lautete seine Botschaft der letzten Tage: "Yes, we can."

Als größter Kritiker betätigte sich indes kein Geringer als sein Vorgänger. Europameister-Coach Luis Aragonés kommentiert die WM für den arabischen Sender al-Dschasira, und er fand dort harsche Worte zur ersten Vorstellung seiner ehemaligen Elf. "Das Problem kommt von weit her, niemand gewinnt einen Titel vor dem ersten Spiel", sagte er - eine Anspielung auf vermeintliche Selbstzufriedenheit. "Es fehlte an Überzeugung, an Tempo im Spiel ohne Ball und bei der Suche nach Räumen." Er hätte außerdem nur mit einem statt zwei defensiven Mittelfeldspielern agieren lassen.

Mit letzterer Bemerkung war die Systemdebatte eröffnet. Unter Aragonés hatte Spanien nur mit einem "Sechser" gespielt, dem von del Bosque nicht berücksichtigten Marcos Senna. Sein Nachfolger pflegt die Position dagegen doppelt zu besetzen, mit Xabi Alonso und Sergio Busquets. Weil er dafür ja irgendwo jemanden wegnehmen muss, geht es im Ergebnis auch um die Frage: ein Stürmer (del Bosque) oder zwei (Aragonés). Sie hat durch die ausbleibenden Tore gegen die Schweiz natürlich an Aktualität gewonnen.

"Opportunistisch" findet es Xabi Alonso, aufgrund eines Resultats die erprobte Kombination in Frage zu stellen, während del Bosque daran erinnerte, "dass Xabi in meiner Amtszeit nach David Villa der zweitbeste Torschütze war". Dreimal hat sich der Trainer das Video des Schweiz-Spiels angeschaut, jedes Mal fühlte er sich bestärkt, dass nicht grundsätzliche Schwächen, sondern nur außergewöhnliche Umstände einen spanischen Sieg verhinderten. Für die seitens Aragonés vom Team geforderte "Selbstüberprüfung" sieht er keinen Anlass. Der Markenkern der "selección", ihr geduldiges Passspiel, das "tiqui-taca", sei ja dasselbe geblieben. "Wenn wir sterben, dann mit unseren Ideen", sagt Fernando Torres, "ob wir jetzt mit einem Stürmer spielen oder zwei."

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