Fortbestand der schwarz-gelben Koalition: Liberale drohen Merkel

Die Bundesregierung ist ihrem Zerbrechen näher als je zuvor. FDP-Politiker drohen offen mit einem Ende. Parteichef Westerwelle gerät auch parteiintern unter Druck.

Es wird dunkler um sie: Westerwelle und Merkel. Bild: dpa

Der Frust über blockierte Reformen, schlechte Umfragewerte und persönliche Streitigkeiten bedroht den Fortbestand der Regierung. Am vergangenen Wochenende häuften sich in der FDP offene Drohungen, die Koalition zu verlassen.

Insbesondere die Weigerung der Kanzlerin, bedrängten FDP-Ministern beizuspringen, befeuert den Unmut beim kleinen Koalitionär. Der baden-württembergische FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte dem Spiegel: "Man hatte bisweilen den Eindruck, dass Frau Merkel die Koalition hintertreibt. Das sollte sich nicht wiederholen, damit sich nicht die Frage stellt, ob die Koalition Sinn macht."

Hintergrund ist, dass Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sich gegenüber der CSU nicht mit seinem Kompromissmodell einer Gesundheitsprämie durchsetzen konnte. Angela Merkel schwieg dazu. Dabei fordert ihre Partei offiziell ebenfalls diese Pauschale. Hinzu kommt: Merkel widersprach Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vergangene Woche offen, nachdem dieser Bundeshilfen für Opel ausgeschlossen hatte.

Zudem fürchtet die FDP, dass nach Merkels Absage an Steuersenkungen bald die Rufe nach Steuererhöhungen lauter werden. Selbst der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, hatte Anfang vergangener Woche für einen höheren Spitzensteuersatz plädiert, um das Sparpaket der Bundesregierung sozial ausgewogener zu machen. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung drohte Hessens FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn: "Wenn die Gefahr besteht, dass die FDP ihre Identität gänzlich verliert, werden wir die Koalition mit der Union im Bund möglicherweise beenden müssen."

Hinzu kommt eine FDP-interne Krise: Der Kreisverband Limburg-Weilburg kündigte an, er werde beim Landesparteitag am nächsten Samstag einen außerordentlichen Bundesparteitag fordern. "Die Lage der FDP ist dramatisch", heißt es in der Begründung. "Die Führung der Partei auf Bundesebene hat es mit einer beispiellosen Anhäufung von Fehlern in konzeptioneller, strategischer, taktischer und handwerklicher Hinsicht fertig gebracht, die Partei von einem grandiosen Wahlsieg in eine existenzielle Krise zu führen." Das ist ein offener Angriff auf Parteichef Guido Westerwelle, der seit Wochen auch parteiintern unter immer stärkeren Druck gerät.

Die Kanzlerin versucht einen Eindruck von Führung zu vermitteln. In der Bild am Sonntag bezeichnete sie Philipp Rösler als "exzellenten Minister" und sprach sich für weitere Gespräche über die Gesundheitsprämie aus. Im Streit zwischen Union und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der die Abschaffung der Wehrpflicht fordert, plädierte Merkel zwar für eine Beibehaltung des Pflichtdienstes. Andererseits solle es in der Diskussion "keine Denkverbote" geben. Der Streit in der Koalition wird also weitergehen.

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