Sparen wird teuer: Kürzen bringt nix

Was tun, wenn das Wirtschaftswachstum nicht mehr reicht? Ausgaben senken oder Einnahmen erhöhen? Und wer wird zahlen müssen?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird es schwer haben, seine Sparziele durchzusetzen. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein harter Mann. Werner Gatzer weist extra auf das Foto hin, das an seiner Bürotür im Bundesfinanzministerium hängt. Da sieht man den Staatssekretär in gepolstertem Trikot und Helm als Eishockey-Torwart. Der 51-Jährige spielt zwar nicht aktiv, aber das Bild von der Saisoneröffnung beim Club Realstars in Gatzers Heimatstadt Bergisch Gladbach macht sich trotzdem gut als Zeichen.

Sind die Zeiten so hart wie der Schuss eines Stürmers beim Eishockey? Gatzer und seine Kollegen sind für den Bundeshaushalt, für Ausgaben, Einnahmen und Schulden verantwortlich. Diese Aufgabe ist jetzt besonders spannend. Denn erstmals in der jüngeren Geschichte scheinen Staatsbankrotte in Europa wieder möglich.

Diese Drohung betrifft auch die deutsche Politik. Zwar ist Deutschland angesichts seiner ökonomischen Stärke nicht aktuell von Zahlungsunfähigkeit bedroht. Bedingt durch die Finanzkrise, wird es aber auch hierzulande allmählich enger. Ab einer Staatsverschuldung von 90 Prozent der Wirtschaftsleistung sehen die US-Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff die Handlungsfähigkeit des Staates grundsätzlich bedroht - wegen zu hoher Zinszahlungen. Deutschland strebt mit großen Schritten auf die 80 Prozent zu. Aktuell - Stand 3. Juni nachmittags - ist die Bundesregierung mit rund 1.700 Milliarden Euro verschuldet.

Also soll jetzt gespart werden. Doch setzt der Begriff "Sparen" einen falschen Akzent. Denn nicht nur die Ausgaben sind ein Problem, sondern auch die Einnahmen. Durch diverse Senkungen der Steuern und Sozialabgaben haben die Regierungen in den vergangenen 10 Jahren auf Milliarden verzichtet, die sie nun gut gebrauchen könnten. Ein besonders augenfälliges Beispiel ist die Einkommensteuer. Die Belastung der wohlhabendsten Bürger sank von einst 53 Prozent auf heute 45 Prozent.

Vor diesem Hintergrund sagt SPD-Mann Gatzer: "Die soziale Symmetrie der Konsolidierungsmaßnahmen muss gewahrt werden." Das sieht auch der grüne Haushaltspolitiker Alexander Bonde so. "Wir brauchen zusätzliche Einnahmen und Spielräume, um unser Wohlstandsniveau zu halten." Nur die Ausgaben zu kürzen, reiche nicht aus. Selbst Unionsminister weisen solche Überlegungen nicht zurück. "Der Spitzensteuersatz ist nicht besonders hoch", heißt es. Über die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung, also zunehmende Beiträge für Wohlhabende, könne man ebenfalls reden.

Diese Überlegungen spielen auch eine Rolle, wenn Regierung und Koalition über den Abbau von Steuersubventionen sprechen. Denn geringere Erleichterungen bedeuten, anders betrachtet, mehr Steuern für bestimmte Gruppen, etwa für Bezieher höherer Einkommen und Unternehmen. "Im Hinblick auf die in großem Umfang bestehenden Steuersubventionen im Energiebereich halte ich eine Überprüfung grundsätzlich für angezeigt", sagt dazu Gatzer. Allein die Ausnahmeregelungen der Ökosteuer, von denen die Industrie profitiert, belaufen sich auf 6 Milliarden Euro jährlich.

Erschwert wird die Sanierung des Haushalts allerdings durch eine grundsätzliche Entwicklung. Im Gegensatz zu früher reichen die mageren Raten des Wirtschaftswachstums immer seltener aus, um alle Ansprüche zugleich zu bedienen. Die Regierung wird großen Gruppen der Bevölkerung Opfer abverlangen - und entsprechende Konflikte auslösen.

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