Regierungswechsel in Japan: Finanzminister wird Präsident

Nach dem Rücktritt der Regierung wird nun der bisherige Finanzminister Naoto Kan Ministerpräsident. Der Parteichef der Demokraten will an seinem Sparkurs festhalten.

Muss ein enormes Haushaltsdefizit bekämpfen: Japans neuer Ministerpräsident Naoto Kan Bild: reuters

TOKIO afp/ reuters | Nach dem Rücktritt der Regierung in Japan ist der bisherige Finanzminister Naoto Kan vom Parlament zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden. In der Abstimmung im Unterhaus in Tokio erhielt der 63-Jährige am Freitag 313 von 477 abgegebenen gültigen Stimmen. Damit gelte Kan als gewählt, verkündete der Präsident der Kammer, Takahiro Yokomichi, nach dem Votum. Das Oberhaus bestätigte die Wahl mit 123 von 237 Stimmen.

Eine "Revitalisierung" Japans bezeichnete Kan nach seiner Wahl als oberste Priorität seiner Regierung. Dazu forderte er die Mitglieder der Demokratischen Partei zu mehr Vertrauen in die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten auf. Die Parteimitglieder sollten sich selbstbewusst erheben und erklären: "Wir schaffen das", sagte Kan.

Der bisherige Finanzminister hatte sich in der zurückliegenden knapp neunmonatigen Regierungszeit der Mitte-Links-Koalition für eine rigide Sparpolitik und eine Anhebung der Verbrauchersteuern stark gemacht, um so den Staatshaushalt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu sanieren. In den 90er Jahren machte er bereits als Gesundheitsminister von sich reden, als er die Aufklärung eines Skandals um HIV-verseuchte Blutkonserven vorantrieb.

Die Demokratische Partei hatte im vergangenen September nach jahrzehntelanger Herrschaft der konservativen Liberaldemokraten mit einer Mitte-Links-Koalition die Regierung übernommen. Die Beliebtheit des zurückgetreten Regierungschefs Yukio Hatoyama allerdings fiel in den vergangenen Wochen auf einen Tiefpunkt. Grund dafür war unter anderen das gebrochene Wahlversprechen, einen US-Stützpunkt von der Insel Okinawa weg zu verlegen. Hatoyama kündigte daraufhin am Mittwoch seinen Rücktritt an.

Am Freitag trat dann die gesamte Regierung geschlossen zurück. Hatoyama gab damit dem Druck aus seiner Partei nach, die sich mit einem neuen Regierungschef bessere Chancen bei der wichtigen Oberhauswahl im kommenden Monat erhofft. Zweifel an Hatoyamas Führungsstärke drückten seine Zustimmungswerte zuletzt auf 17 Prozent.

Kan wird damit nun der fünfte japanische Ministerpräsident in nur drei Jahren. Er war auch an den Finanzmärkten favorisiert worden, die in seiner Ernennung eine Chance sehen, die Schuldenbekämpfung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft voranzubringen. Japan ist der am stärksten verschuldete Industriestaat: Das Haushaltdefizit liegt bei etwa 200 Prozent der Wirtschaftsleistung.

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