EU-Balkan-Treffen in Sarajevo: Ohne Streit steigen die Beitritts-Chancen

Am Mittwoch lädt Brüssel zu einem Balkantreffen in Bosniens Hauptstadt Sarajevo. Ziel ist es, die Konflikte zwischen den Staaten der Region beizulegen.

Gemeinsame Gedenkzeremonie im Dorf Sijekovac: Kroatiens Präsident Ivo Josipovic (li), Präsident der Republik Srpska, Rajko Kuzmanovic (re) und der Premierminister der Republik Srpska, Milorad Dodik. Bild: ap

Nach dem Willen der spanischen EU-Ratspräsidentschaft soll das Treffen der Außenminister der EU mit den Staatschefs der Westbalkanstaaten am kommenden Mittwoch die Weichen für die Integration des Raumes in die EU stellen. Nach den Erfahrungen mit den Grenzstreitigkeiten zwischen Kroatien und Slowenien sowie dem Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien will Brüssel darauf drängen, die Konflikte zwischen den Staaten des Balkans auszuräumen, bevor an eine Integration in die EU gedacht werden kann.

Vor allem der Kosovokonflikt und die innenpolitische Lage in Bosnien und Herzegowina stehen dieser Perspektive im Wege. Der serbische Außenminister Vuk Jeremic betonte diese Woche in einem Spiegel-Interview, Serbien solle nicht gezwungen werden, zwischen Kosovo und der Integration in die EU zu wählen. Genau dies aber wollen jetzt viele Mitglieder des EU-Parlaments und der Kommission. Der ehemalige EU-Kommissar Olli Rehn hatte noch 2009 ein Junktim zwischen der Integration Serbiens in die EU und der diplomatischen Anerkennung Kosovos durch Serbien abgelehnt. Diese Position ist in Brüssel nicht mehr unstrittig.

Immerhin wurde für den Gipfel in Sarajevo eine diplomatische Lösung für die Teilnahme Serbiens gefunden. Serbien war aus Protest gegen die Einladung des Kosovo-Präsidenten zu dem EU-Balkan-Gipfel im März dieses Jahres in Slowenien der Konferenz ferngeblieben. Jetzt sollen die Teilnehmer an der Konferenz nur mit einem Namensschild versehen werden, ohne den Zusatz, welchen Staat er oder sie repräsentiert. Und so können die Vertreter aus Serbien und Kosovo - wahrscheinlich die beiden Präsidenten Tadic und Sejdiu - an dem Gipfel teilnehmen.

Das Treffen ist hochrangig besetzt. Die EU schickt ihre Außenkommissarin Catherine Ashton und das Kommissionsmitglied Stefan Füle, die meisten EU-Mitgliedsstaaten werden durch ihre Außenminister vertreten. Die USA entsenden ihren Vizeaußenminister Jim Steinberg. Nur die Deutschen glänzen mit Abwesenheit, lediglich der beamtete Staatssekretär Wolf-Ruthard wird erscheinen.

In Sarajevo sind die Erwartungen an den Gipfel nicht allzu hoch gesteckt. "Die spanische Präsidentschaft will noch zum Abschluss ihrer Amtszeit zeigen, dass sie etwas vorangebracht hat", heißt es in den Medien und von Beratern des Präsidentschaftsrates. Die Hoffnung auf eine schnelle Erledigung der Visafrage ist geschwunden, denn Brüssel hat Bosnien neue Bedingungen für eine Visafreiheit seiner Bürger gestellt. Auf diese Weise soll Druck auf die serbische Teilrepublik gemacht werden, ihre innerstaatliche Blockadepolitik aufzugeben. Doch unabhängig davon rechnen Politiker in Sarajevo damit, dass Ende des Jahres der Visazwang abgeschafft wird.

Einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Atmosphäre leistete am vergangenen Sonntag der Präsident Kroatiens Ivo Josipovic bei seinem Besuch in der serbischen Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina. Er besuchte mit dem Regierungschef der Republika Srpska, Milorad Dodik, das Dorf Sijekovac und legte dort einen Kranz nieder. Dort hatten kroatische Soldaten im Krieg 1995 Dutzende von serbischen Zivilisten getötet.

Danach besuchten beide Politiker die Region Prijedor, wo tausende kroatische und muslimische Zivilisten 1992 von serbischen Milizen in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurden. "Wir sind gekommen, um den Opfern und ihren Familien unsere Ehre zu erweisen", sagte Josipovic. Der katholische Bischof von Banja Luka, Kramaric, forderte die serbischen Behörden in der Teilrepublik auf, die Rückkehr der 200.000 damals vertriebenen Kroaten in die Region zu erleichtern.

Josipovic hatte sich vor wenigen Wochen im Parlament Bosnien und Herzegowinas für den Angriff kroatischer Truppen auf die Regierungstruppen 1993/94 entschuldigt und das damalige Geheimabkommen zwischen dem kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman und dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic über die territoriale Aufteilung des Landes verurteilt. Diese Position hatte in Kroatien zu heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen mit dem nationalen Flügel der Regierungspartei HDZ und Premierministerin Jadranka Kosor geführt.

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