SPD: Eine Partei sucht ihren Chef

Die Sozialdemokraten suchen einen neuen Landesvorsitzenden. Das Interesse an der Mitgliederbefragung ist groß. Inhaltlich unterscheiden sich die KandidatInnen kaum.

Schaute nicht zu, wie um seine Nachfolge gebuhlt wurde: Noch-SPD-Landeschef Uwe Beckmeyer Bild: dpa

Schon ist in der SPD wieder vom "Aufbruch" die Rede. Die Partei hat gerufen, in Scharen sind sie gekommen. Allen voran die meisten derer, die in ihr etwas zu sagen haben, aber auch mehrere Hundert altgediente, ergraute Genossinnen und Genossen. Es ist die erste von vier Regionalkonferenzen. Die Basis soll kund tun, wen sie lieber an ihrer Spitze sehen will: Andreas Bovenschulte oder Karin Jöns.

Am Ende ist der Beifall für beide annähernd gleich verteilt. Ausgezählt werden die Voten aber erst in der letzten Mitgliederbefragung am 29. Mai. Schon jetzt sprechen sich, jedenfalls hinter den Kulissen, die meisten Parteifunktionäre - also Männer - für Bovenschulte aus. Sie nennen ihn dann liebevoll "Bovi".

Der 44-Jährige ist groß gewachsen, tritt kämpferisch und energisch auf, selbstbewusst, vielleicht ein wenig distanziert. Seit 2007 ist er stellvertretender Verwaltungschef in Weyhe, in der Partei hatte er bislang manch interne, aber keine öffentlichkeitswirksamen Ämter inne. Inhaltlich unterscheidet er sich kaum von der langjährigen, von ihrer Partei abservierten EU-Parlamentarierin Karin Jöns (57).

Beide rühmen sich ihrer langen Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie und einer "selbstverständlichen" Mitgliedschaft in einschlägigen Gewerkschaften. Beide wollen keinesfalls die Gewoba veräußern, beide wettern gegen "Privatschulen", die sie als Ausbund grüner Klientelinteressen disqualifizieren. Sie schimpfen auf die früheren SPD-Projekte "Hartz IV" und "Rente mit 67". Sie sehen "Grenzen des Sparens" im Haushaltsnotlageland. Und betonen die Eigenständigkeit der Partei gegenüber Fraktion und Senat, freilich ohne das näher zu bestimmen.

Jöns versucht, sich stärker arbeitsmarkt- und sozialpolitisch zu profilieren, unter anderem mit der Forderung nach einem Mindestlohn von 8,50 Euro - womit sie einen Euro über dem liegt, was die Partei im allgemeinen diskutiert. Sie will die SPD als "Partei der Kümmerer" etablieren. Und präsentiert sich selbst und im Gegensatz zu dem Mann aus Niedersachsen als weitläufig, als europaweit vernetzt. Erst kürzlich, sagt sie, habe sie mit Michael Sommer, also dem DGB-Chef, lange zusammengesessen und über ein "wichtiges Problem" gesprochen.

Bovenschulte wiederum setzt eher auf Wirtschafts- und Finanzpolitik, will Bremens finanzielle Probleme durch eine Vermögenssteuer "auf amerikanischem Niveau" lösen. Dadurch, rechnet er vor, seien bundesweit 50 Milliarden, für Bremen 500 Millionen Euro abzuschöpfen. Jöns hat da keine Vorschläge. Unterschiede gibt es auch in der Frage, wie die SPD denn zur Linkspartei stehen soll. Jöns sagt, die Linke sei im Bund bislang "nicht regierungsfähig", in Bremen noch nicht einmal "politikfähig". Gleich im nächsten Satz aber will sie eine rot-rot-grüne Koalition keineswegs ausschließen Man solle nie nie sagen. Es ist dies die klassische SPD-Indifferenz.

Bovenschulte ist in der Koalitionsfrage auch zurückhaltend, redet sich schließlich damit heraus, dass die Linke "sicher" nicht für eine Mehrheit benötigt würde. Aber zumindest, sagt er, wolle er das Gerede, die Linke sei eine "undemokratische Partei" nicht mitmachen. Ein solches Prädikat will er lieber der FDP anheften.

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