Britischer Wahlkampf im Fernsehen: Brown verschenkt letzte Chance

Der konservative Spitzenkandidat David Cameron legt den Grundstein für den Wahlsieg am 6. Mai. Die Labour-Partei unter Premier Gordon Brown kann sich auf die Opposition vorbereiten.

Die drei britischen Spitzenkandidaten: David Cameron (l.), Nick Clegg (m.) und Gordon Brown (r.) Bild: reuters

DUBLIN taz | Es war Gordon Browns letzte Chance. Er hat sie nicht genutzt. Beim dritten und letzten Fernsehduell der drei Parteichefs vor der Wahl am 6. Mai ging es am Donnerstag um Wirtschaftsthemen – eigentlich ein Heimspiel für den britischen Premierminister, der zehn Jahre lang Schatzkanzler war. Brown wollte seine Erfahrung als Krisenmanager ausspielen, doch das misslang.

Er hatte zwar die Wahlkampfbroschüren seiner Kontrahenten genau gelesen – genauer sogar als sie selbst. Als er dem Tory-Chef David Cameron vorwarf, er wolle die Körperschaftssteuer für Banken senken und dafür die Subventionen für die verarbeitende Industrie abbauen, schien der überrascht.

Doch Browns Rechnung war viel zu kompliziert, als dass sie für eine Fernsehdebatte taugte. Cameron hat das begriffen. Während Brown zum Beispiel seine umständliche Regelung für Einwanderung erklärte und mit Zahlen belegte, sagte Cameron einfach: "Einwanderung ist schon zu lange viel zu hoch."

Das kam an. Cameron ging als deutlicher Sieger aus der Debatte hervor, das belegen sämtliche Umfragen, obwohl er auf Fragen nach geplanten Kürzungen und Sparmaßnahmen ausweichend reagierte. Allerdings haben seine beiden Kontrahenten es bisher ebenfalls vermieden, konkret über dieses Thema zu reden.

Für die Liberalen Demokraten war es kein guter Tag. Ihr Chef Nick Clegg, der in den ersten beiden Fernsehduellen glänzen konnte, wurde diesmal von Brown und Cameron in die Zange genommen. Er musste sich mehrmals daran erinnern lassen, dass die Liberaldemokraten für Großbritanniens Beitritt zum Euro sind, was die meisten Wähler angesichts der griechischen Tragödie eher abschreckt.

Hinzu kam, dass sich sein Argument, er sei anders als seine Widersacher, abgenutzt hat. So fiel er diesmal bei allen Umfragen deutlich hinter Cameron zurück, bei der Umfrage des Guardian lag er sogar hinter Brown - und das will etwas heißen.

Brown ist unbeliebt, und sein aggressiver Auftritt am Donnerstag hat ihm keine neuen Freunde beschert. Er versuchte immer wieder, die Tories als dieselbe alte Partei abzustempeln, die den Reichen Steuergeschenke macht, während sie bei den Armen kürzt. Das mag zwar stimmen, doch Cameron blieb sachlich und ließ sich nicht provozieren.

Die Debatte war ohnehin überschattet von Browns Fauxpas am Vortag. Bei einem Wahlkampfspaziergang in Rochdale traf er auf die 65-jährige Witwe Gillian Duffy, die zeit ihres Lebens Labour gewählt hat. Sie fragte ihn, was er gegen "all diese Immigranten aus Osteuropa" zu tun gedenke.

Brown reagierte freundlich und umarmte die Rentnerin sogar, doch als er in seinem Jaguar wegfuhr, lästerte er über Duffy: Sie sei verbohrt, und das Gespräch mit ihr sei eine Katastrophe gewesen. Weil ihm ein noch eingeschaltetes Mikrofon am Hemd steckte, konnte die ganze Welt die Äußerungen mithören.

Das könnte ihn teuer zu stehen kommen. Sieben Prozent der Befragten sagten danach, dass sie eigentlich Labour wählen wollten, es nun aber nicht tun würden. Brown musste zu Kreuze kriechen und sich persönlich bei Duffy entschuldigen. Cameron und Clegg schwiegen in der Fernsehdebatte pietätvoll über den Vorfall.

Brown selbst brachte ihn zur Sprache: "Wie ihr gestern sehen konntet, mache ich auch nicht alles richtig", sagte er, fügte aber hinzu: "Wenn es bei der Wahl um Stil und Präsentation geht, könnt ihr nicht mit mir rechnen", sagte er immer wieder. "Aber wenn es auf Erfahrung und Substanz ankommt, dann bin ich euer Mann."

Spätestens seit Tony Blair müsste eigentlich auch Brown klar sein, dass man ohne Substanz Wahlen gewinnen kann, wenn man nur forsch genug auftritt. Das spricht eindeutig für David Cameron.

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